[ROMAN] Aus sich hinaus von Florian Tietgen

Autor: Florian Tietgen
Taschenbuch:  190 Seiten
ISBN: 978-1495376146
Preis: 3,99 EUR (eBook) | 9,99 EUR (Taschenbuch)
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Story:
Fünf Kurzgeschichten und Erzählungen, in denen es um Liebe, Coming-Out, Freundschaft und Tod geht. Fünf Erzähler, die unterschiedlicher nicht sein könnten, die jedoch eine Sache miteinander verbindet: ihre Homosexualität. Sei es Daniel aus der Geschichte „In lautem Gedanken“, der seit dem Tod der Mutter gegen das Schweigen seines Vaters bestehen muss und sich im Schwimmbad in Addy verliebt, oder Simon, der in der Erzählung „Ein tiefer See“ dem gleichaltrigen Ole während einer Klassenfahrt einen Platz in seinem Einzelzimmer anbietet und mit Gerüchten über seine sexuelle Orientierung und Vorurteile zu kämpfen hat. Sie sind ebenso schwul wie Mika („Und was ist mit deinem Vater?“), der der Frage nach seinem Vater beharrlich ausweicht, bis es Benedikt gelingt, hinter die Fassade zu blicken und das schreckliche Geheimnis zu enthüllen.

Neben den drei längeren Erzählungen enthält die Sammlung noch die Kurzgeschichten „Die Wette“ und „Tausend Stecknageln“.

Eigene Meinung:
Mit „Aus sich hinaus“ legt Florian Tietgen eine gelungene Geschichtensammlung vor, die sowohl zum Nachdenken anregt, als auch Grundlage für Diskussionen bietet. Wie nicht anders gewohnt, bietet der Autor keine leichte Kost, sondern wagt sich an ungewöhnliche Themen und ausgefallene Protagonisten. Leser, die bereits Romane von Florian Tietgen kennen, wissen um seine Vorliebe für tiefgründige Ideen, realistische Figuren und seinen ansprechenden, erwachsenen Schreibstil – und werden auch dieses Mal nicht enttäuscht.

Die Themen, die Florian Tietgen innerhalb seiner Geschichten behandelt sind unterschiedlich – mal geht es um den Tod eines Familienmitglieds, mal um Verleumdung und Missbrauch, dann wieder um Verbrechen und Mord. Auch die Kurzgeschichten bestechen durch ernste Thematiken, wenngleich „Die Wette“ auf die sich Hauke einlässt, um seinen Freund Kolja zu beeindrucken nicht ganz so schwergängig und tiefgründig ist, wie die üblichen Erzählungen. Dennoch bietet sich dem Leser zum Großteil ernste Kost, die neben dem Coming-Out eine weitere Gemeinsamkeit haben: Die Probleme der jugendlichen Protagonisten werden zumeist durch Freundschaft und Liebe gelöst. Beide Themen spielen eine große Rolle in den jeweiligen Kurzgeschichten und sind für die Charakterentwicklung sehr wichtig.
Insgesamt hat „Aus sich hinaus“ nur wenig mit den gängigen Gay Romance Büchern gemein, da Florian Tietgen sich ernsten Themen widmet, die er sehr gefühlvoll und sensibel in Szene setzt. Er behandelt Tabuthemen an mit der notwendigen Sorgfalt und lässt den Leser auf diesem Weg tief in die Geschichten eintauchen und mit den Charakteren mitfühlen.

Neben den intensiven und atmosphärischen Geschichten können auch die Charaktere überzeugen. Der Autor hat ein Händchen für Jugendliche und deren Gefühlswelten und setzt sie sehr authentisch in Szene. Man kann sich mit allen Protagonisten identifizieren, ist hautnah dabei, wenn Simon sich gegen seine Klassenkameraden zur Wehr setzt und wenn Mika das Geheimnis um seinen Vater lüftet. Selbst in den kurzen Geschichten sind die Charaktere sehr gut ausgearbeitet und eingängig beschrieben. Florian Tietgen hat bei „Haus der Jugend“ bewiesen, wie gut er ältere Menschen beschreiben kann, in „Aus sich hinaus“ beweist er, dass er auch Jugendliche mit all ihren Problemen authentisch zu Papier bringen kann.

Der belletristische Schreibstil des Autors ist sehr stimmungsvoll und passt hervorragend zu den ernsten Geschichten. Florian Tietgen kann mit Sprache umgehen, probiert verschiedene Richtungen und Perspektiven aus und sorgt so für Abwechslung. Damit hebt er sich angenehm aus der breiten Masse der gängigen Gay Romane heraus, zumal sein Hauptaugenmerk nur teilweise auf der Entwicklung einer Beziehung liegt, sondern deutlich auf den Charakteren und dem Überwinden von Problemen und Traumata. Dadurch wirken alle Erzählungen authentischer und realistischer, können den Leser mehr fesseln und tiefer berühren.

Fazit:
„Aus sich hinaus“ ist eine gelungene Geschichtensammlung, die ein breitgefächertes Spektrum an Erzählungen, Charakteren und unterschiedlichen Herangehensweisen bietet. Jede Geschichte ist ein kleines Meisterwerk und kann mit tollen Charakteren und ungewöhnlichen Grundideen punkten. Wer bereits Romane von Florian Tietgen kennt und mag, den wird „Aus sich hinaus“ nicht enttäuschen; wer neugierig geworden ist und den Autoren einmal antesten will, ist ebenfalls an der richtigen Adresse – die Geschichte der Sammlung gibt es sowohl kompakt in einem Buch/eBook, als auch einzeln für 0,99€ bis 1,99€. Wenn man ernste, tiefgründige und gut geschriebene schwule Literatur mag, sollte man auf jeden Fall einen Blick riskieren. Zu empfehlen.

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0 Gedanken zu „[ROMAN] Aus sich hinaus von Florian Tietgen“

  1. Aufgrund der sehr guten Rezension hier habe ich mir das Buch bestellt. Ich musste es aber leider zurückschicken, da es dermaßen kleine Schrift hat, dass es mir unmöglich ist, es zu lesen ohne Kopfschmerzen zu bekommen. Schade!

    1. Sehr schade – ich hatte von diesem Buch ein eBook, da konnte man die Schrift passend einstellen, so wie man sie brauchte. Vielleicht wäre das eine Option für dich, denn dir entgeht sonst doch ein tolles Buch. Ich werde mal den Autor darauf aufmerksam machen – solches Feedback ist immer hilfreich 🙂

      Dankeschön.

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