[ROMAN] Katzenauge von Calli Hall

Autor: Calli Hall
Taschenbuch:  212 Seiten
ISBN: 978-3959490351
Preis: 5,99 EUR (ebook) | 12,90 EUR (Taschenbuch)
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Story:
Ein kleiner Fehltritt – und schon landet der halbindianische Polizist Aiden Sunshine Youngblood in einem winzigen Kuhkaff in Sachsen-Anhalt, in dem die Uhren vollkommen anders laufen: seine neuen Schützlinge bestehen aus Fossilen der DDR, diebischen Putzfrauen und gartenzwergversessenen Dörflern, die gänzlich anders ticken, als der Rest der Menschheit. Die Geduld des „Wessis“ wird auf eine harte Probe gestellt, doch es gibt ein Licht am Ende des Tunnels: sollte es keinerlei Verbrechen in dem kleinen Dörfchen geben, wird das Polizeirevier endgültig geschlossen. Aidens Hoffnungen zerschlagen sich, als plötzlich die Leiche eines Drogendealers mitten im Hausflur des Bürgermeisters auftaucht, der sich nicht nur als Drogenhehler entpuppt, sondern auch mit seinem männlichen Harem das Weite gesucht hat. Zu allem Überfluss darf sich Aiden auch noch um Kater “Bobbelchen” kümmern, dabei hasst er Katzen wie die Pest.

Dass all das Chaos nur die Spitze des Eisberges ist, zeigt sich, als er erfährt, dass „Bobbelchen“ ein Gestaltwandler und Dieb ist, der sich unglücklicherweise auf Aiden fixiert hat. Damit muss sich der heterosexuelle Aiden nicht nur mit dem Wahnsinn der Dörfler, verschwundenen Drogen und unangenehmen Kollegen herumschlagen, sondern auch seine jungfräuliche Kehrseite vor dem paarungswilligen Gestaltwandler schützen …

Eigene Meinung:
Mit dem Roman „Katzenauge“ legt die junge Autorin Calli Hall ihr Debüt beim Main Verlag vor. In ihrem satirischen Erstlingswerk nimmt sie kein Blatt vor den Mund und präsentiert eine chaotische Geschichte, mit extremen Charakteren und einer recht gewöhnungsbedürftigen Umgangssprache.

Inhaltlich begibt sich die Autorin auf recht ungewöhnliche Wege: ein Polizist, verbannt in ein ur-sächsisches Dörfchen, in dem die Uhren wirklich anders Ticken. Das merkt man vor allem an den „Ureinwohnern“ der Gartenzwerg-Idylle, die natürlich allesamt in einem Dialekt reden, der einem die Zehnnägel nach oben rollt. Man fühlt mit Aiden, der seine Problemchen mit den Dörflern hat, die einen wirklich in den Wahnsinn treiben können. Mit der Zeit wirken die überspitzten Darstellungen allerdings ein wenig übertrieben, insbesondere wenn es um etwas ernstere Dinge geht. So witzig die Steinzeit-Ursel, Manni und Uschi zu Beginn sind, mit der Zeit wirken sie einfach zu extrem dargestellt: den russischen Verbrechern inkl. Maschinengewehren wird spontan ein Häuschen angeboten, die Leiche des Drogendealers ist nicht so wichtig wie das brennende Licht im Hausflur und polizeiliche Ermittlungen werden selbstverständlich torpediert. Sicherlich erwartet der Leser keinen realistischen Roman, doch ein wenig mehr Logik und Authentizität hätte Calli Hall schon walten lassen können. So bleibt der bittere Nachgeschmack, dass alle Ossis dumm, einfach gestrickt und absolut bescheuert sind.

Hauptproblem in der Handlung ist jedoch die fantastische Komponente, die ab der zweiten Hälfte vorkommt. Dass „Bobbelchen“ kein normaler Kater ist, war dem Leser schnell klar, doch dies mit der Gestaltwandler-Thematik zu erklären, kann leider nicht überzeugen. Die fantastischen Elemente wirken aufgesetzt, da sie nicht näher beleuchtet werden. Man erfährt zwar, dass es Gestaltwandler und Dämonen gibt, aber damit enden auch schon die Erklärungen seitens der Autorin. Warum sie diese überhaupt einbauen musste, erschließt sich dem Leser leider nicht. Hätte sich die Autorin nur auf Aiden, den Drogenfall und das Dörfchen konzentriert, wäre „Katzenauge“ wesentlich besser geworden.

Die Charaktere sind ebenso chaotisch und exzentrisch, wie die Geschichte: ein Halbindianer, der nicht ganz menschlich ist, ein Gestaltwandler, der nebenbei als Dieb arbeitet und ein Haufen „Ossis“, die gar nicht zu arbeiten scheinen. Calli Hall präsentiert eine schillernde Palette unterschiedlicher Charaktere, die durchaus unterhalten und auch teilweise sympathisch sind, doch wie schon bei der Geschichte ist irgendwann eine Sättigung an Skurrilität beim Leser erreicht. So nerven die Dörfler mit der Zeit extrem, ebenso Aidens extreme Ansichten und sein Hass gegenüber dem Kater und dessen Eigenheiten. Dass der Polizist zum Ende hin recht schnell umschwenkt und seine Heterosexualität in den Wind schießt, ist ebenfalls nicht ganz logisch und nachvollziehbar. Da fehlt ein bisschen der Übergang, das Knistern und die Annäherung.

Stilistisch ist „Katzenauge“ gewöhnungsbedürftig, was vor allem an dem sächsischen Dialekt der Dörfler liegt, den man fast schon laut aussprechen muss (oder zumindest im Ohr haben sollte), um den Inhalt gänzlich zu verstehen. Darüber hinaus besticht Calli Hall durch eine witzige, leichte Sprache, die aufgrund des Themas mitunter recht alltäglich daherkommt. Da dies zum Buch und den Figuren passt, fällt das nicht störend ins Gewicht – einige Logiklücken und Plotlöcher schon. Mal gibt es in dem Dörfchen keinen Handyempfang, dann wieder posten die Damen Fotos von Aiden auf FB und Twitter oder Aiden beantwortet munter E-Mails. Auch wissen seltsamerweise einige Charaktere von Ereignissen, die sie nicht erlebt und nicht erzählt bekommen haben. Das verwirrt ein wenig beim Lesen, ist aber kein so großes Manko.

Fazit:
„Katzenauge“ ist ein witziger, chaotischer und durchgedrehter Krimi-Gestaltwandler-Comedy-Roman, der nur zum Teil ganz überzeugen kann. Die Geschichte wurde zu voll gepackt, einige Elemente passen nicht in den Kontext und auch die Figuren sind ein wenig gewöhnungsbedürftig. Dennoch macht die Lektüre Spaß; gerade die ostdeutschen Dörfler wurden witzig und spitzzüngig in Szene gesetzt, wenngleich es Calli Hall mit dem schwarzen Humor an einigen Stellen übertreibt. Wer kein Problem damit hat und es mit der Logik nicht so genau nimmt, wird auf seine Kosten kommen – alle anderen sollten vorab einen Blick in die Leseprobe werfen.

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