Autor: Ines Schmidt
Taschenbuch: 220 Seiten
ISBN: 978-3957710550
Preis: 17,99 EUR (eBook) | 21,90 EUR (Taschenbuch)
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Story:
Der Tod der demenzkranken Jakobine, kurz Jake, reißt ein tiefes Loch in Davids Leben. Schon immer war es seine Aufgabe sich um seine kleine Schwester zu kümmern, insbesondere da sie Glasknochen besaß und in jungen Jahren an einer Frühform der Demenz erkrankte. An ihrer Beerdigung nimmt auch Jakes fester Freund Josh teil, seines Zeichens Weltenbummler und Dokumentarfilmer, der von David in die Staaten zurückgeschickte wurde, als sich der Zustand seiner Schwester verschlechterte. Bereits auf dem Friedhof entwickelt sich eine seltsame Spannung zwischen ihnen, die in einem unbedachten Kuss seitens David gipfelt und beide Männer in ein Chaos der Gefühle stürzt. Während David seinen Ausrutscher vergessen will und jegliche Aussprache abbiegt, ist Josh nicht bereit alles zu vergessen. Um David auf andere Gedanken zu bringen und Antworten zu finden, schlägt er eine Biketour durch die Dolomiten vor.
Als David den Vorschlag akzeptiert und mit Josh aufbricht, ahnt keiner der beiden, was ihn am Ende der Reise erwartet und wie sehr sich ihr Leben verändern wird …
Eigene Meinung:
Der Roman „Granatapfelrot“ erschien im Größenwahn Verlag und ist das Debüt der Autorin Ines Schmidt, die bereits einige Kurzgeschichten in den Größenwahn-Anthologien „Gleich Liebes, gleich ist das Essen fertig“ und „Heartbeatclub“ herausgebracht hat. Das Buch erschien im Hardcoverformat und als eBook im Oktober 2015.
Inhaltlich erwartet den Leser eine schön geschriebene, romantische Geschichte über zwei Männer, die unterschiedlicher nicht sein könnten, und die einen schweren Verlust zu verarbeiten haben: den Tod der geliebten Schwester beziehungsweise verständigen Freundin. Wobei die Beziehung zwischen Josh und Jake nur teilweise nachvollziehbar ist, denn es mutet ein wenig seltsam an, dass sich Josh in die Staaten zurückzieht und sich mitunter neue Sexpartner sucht, während seine Freundin in Deutschland im Sterben liegt. Von diesem Punkt abgesehen ist „Granatapfelrot“ in sich stimmig und sehr gefühlvoll in Szene gesetzt. Ines Schmidt lässt sich und ihren Figuren Zeit sich zu entwickeln und einander neu kennenzulernen. Teilweise zieht sich dadurch die Handlung ein wenig, da David und Josh lange brauchen, bis sie die angespannte Situation zwischen sich klären, doch da die Autorin immer wieder Rückblenden und Erinnerungen an die Vergangenheit einwebt, fällt das kaum störend ins Gewicht. Auf diese Art lernt man die beiden Protagonisten sehr gut kennen und fühlt mit ihnen.
Lediglich die Rahmenhandlung, die im ersten und letzten Kapitel des Buches Einblicke in das gemeinsame Leben der beiden Männer gibt, wirkt ein wenig fehl am Platz. Zwar klärt Ines Schmidt damit einige offene Punkte, doch gleichzeitig wirft sie neue Fragen auf. Auch wirkt Jakobs Rolle als „Chronist“ der beiden ein wenig seltsam, da gerade die Abschnitte aus Davids Sicht zu intim sind, um vom Ziehsohn der beiden niedergeschrieben worden zu sein.
Die Charaktere sind sehr schön umgesetzt, wirken authentisch und realistisch. Ines Schmidt hat ein Händchen für glaubhafte Figuren, die nicht dem gängigen Klischee entsprechen. Das betrifft sowohl die beiden Hauptfiguren, als auch Nebencharaktere wie Jake (die eine sehr große Role einnimmt und überraschend lebendig gezeichnet ist, obwohl sie tot ist), Davids Eltern und Joshs Familie. Sie sind alle in sich schlüssig und nachvollziehbar. Natürlich stehen David und Josh im Zentrum, die sich über ihre Zukunft Gedanken machen, und dafür mit der Vergangenheit abschließen müssen. Dabei stehen natürlich Fragen nach Konvention, Sitte und Anstand im Zentrum, aber auch danach, ob man sich als Mann mittlerer Jahre überhaupt noch auf solch eine Liebe einlassen sollte. Gerade Davids Kampf mit sich selbst ist sehr schön umrissen, ebenso Joshs Sorge, wie ein Verräter zu wirken, wenn er sich auf den Bruder seiner verstorbenen Freundin einlässt. Mitunter hätte Ines Schmidt diesen Konflikt noch vertiefen können, denn schlussendlich finden David und Josh doch recht schnell zueinander, wenn man die äußeren Umstände bedenkt (wenige Wochen nach der Beerdigung). Dieser Punkt macht „Granatapfelrot“ dann doch ein wenig klischeehaft, da er recht vorhersehbar ist und die Geschichte (wenn man sie herunterbricht) nur vom Zusammenfinden und der Liebe zweier Männer erzählt, die sich nach Jakes Tod näherkommen.
Stilistisch legt Ines Schmidt ein gut geschriebenes, solides Debüt vor, das gut zur Geschichte und den Figuren passt. Der puzzleartige Erzählstil, der nicht chronologisch läuft, ist einmal etwas anderes und sorgt dafür, dass trotz einiger Längen keine Langeweile aufkommt. Die Idee Yoshs Perspektive im Briefformat zu erzählen, ist gut und stimmig umgesetzt. Diese Passagen zählen zu den Highlights des Buches, denn sie sind wesentlich schöner, als Davids Erinnerungen und Erzählungen. Letztere sind deswegen nicht schlecht, nur schleichen sich gerade hierbei einige stilistische Mängel ein. Gerade die Dialoge wirken teilweise ein wenig aufgesetzt und lassen sich schwer nachvollziehen. Hier hätte man mehr rausholen können, denn gerade bei den Gesprächen zwischen David und Josh kommt die Geschichte ins Stocken, da sie die beiden nicht voranbringen. Zu oft weicht David aus oder die Aussprache wird anderweitig unterbrochen. Das ist schade, da man als Leser das Gefühl hat, absichtlich hingehalten zu werden.
„Granatapfelrot“ kommt in einem sehr schönen, edel aufgemachten Hardcover daher wie die meisten Romane des Größenwahn Verlags. Die hohe Qualität hat ihren Preis – stolze 21,90€ kostet das Printbuch; das eBook ist mit 17,99€ ebenfalls recht hochpreisig.
Fazit:
Trotz der genannten Kritikpunkte ist „Granatapfelrot“ ein gelungenes Debüt, das mit authentischen Charakteren, einer ruhigen, romantischen Geschichte und einem schönen Schreibstil aufwarten kann. Hin und wieder hätte Ines Schmidt mehr in die Tiefe gehen können, denn viele Dinge werden recht oberflächlich behandelt. Letztendlich handelt es sich bei „Granatapfelrot“ um eine ruhige Liebesgeschichte zwischen zwei Männern, die zwar nicht verboten, aber unangebracht ist. Wen der recht hohe Preis nicht abschreckt, sollte einen Blick riskieren – es lohnt sich.
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