Autor: Lina Kaiser
Taschenbuch: 276 Seiten
ISBN: 978-3940611437
Preis: 9,99 (eBook) | 16,95 (Taschenbuch)
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Story:
Aller Umstände zum Trotz sind Katinka und Emilia ein Paar geworden und könnten glücklich sein. Doch der Alltag holt sie beide schnell ein: das Abitur steht an, es gilt ihre Beziehung geheim zu halten (da Katinka ein Outing auf alle Fälle und Anfeindungen ihrer Mitschüler vermeiden will) und die jeweiligen familiären Probleme sorgen ebenfalls für Spannungen. Als Emilia auf ein Outing drängt, um bösen Gerüchten zuvor zu kommen, ist Katinka endgültig überfordert. In ihrer Panik trifft sie etliche falsche Entscheidungen, die dafür sorgen, dass sich die beiden jungen Frauen immer wieder voneinander entfernen. Als auch noch Britta aus Berlin zurückkehrt, die Frau, die Katinka immer bewundert und verehrt hat, und Emilia in Arvid einen glühenden Verehrer findet, wird ein Keil zwischen das Paar getrieben, der für ihre Beziehung das Ende bedeuten könnte …
Eigene Meinung:
„Tanz ins Flutlicht“ setzt dort an, wo Lina Kaisers Debüt „Im Abseits der Lichter“ endete: die beiden Mädchen sind ein Paar, was beide vor gänzlich neue Probleme stellt: Outing, Zusammenhalt und Erwachsenwerden. Auch die Fortsetzung erschien beim Butze Verlag.
Wie erwähnt führt Lina Kaiser die Geschichte nahtlos weiter. Der Leser begleitet Katinka, die sich noch immer nicht vollkommen mit ihrer homosexuellen Identität angefreundet hat und sich schwer damit tut, sich anderen gegenüber zu offenbaren. So bringt sie zwar das Outing innerhalb ihrer Familie halbwegs über die Bühne, will jedoch nicht in der Schule darüber reden oder sich zu ihrer Sexualität bekennen. Dies treibt nach und nach einen Keil zwischen Emilia und sie, was den Hauptteil des Buches ausmacht. Katinka hat leider die Eigenart die Dinge zu zerdenken und sich alle möglichen Horrorszenarien auszumalen, die sie von einem Outing Abstand nehmen lassen. Das ist durchaus sehr plausibel und nachvollziehbar geschrieben und Katinkas Ängste sind gewiss nicht aus der Luft gegriffen, doch mit der Zeit nervt ihre Feigheit immens. Dass ihre Homosexualität ein offenes Geheimnis ist, darauf kommt sie nicht einmal, dabei gibt es so viel Hinweise und Andeutungen seitens ihrer Mitschüler, dass man sich fragt, warum Katinka das nicht registriert. Dementsprechend zieht sich der Mittelteil – es dauert einfach viel zu lange, bis Katinka den Mund aufmacht und sich zur Wehr setzt. Warum Emilia das die ganze Zeit mitmacht, anstatt selbst das Ruder in die Hand zu nehmen, ist mir ebenso schleierhaft. So wirkt die Handlung ein wenig konstruiert, da sie nur um Katinka und ihre Probleme und Sorgen aufgebaut wird, während alle anderen brav ihrem Wunsch folgen und schweigen. Dabei wäre es nur logisch, wenn Emilia sich selbst outet und den ersten Schritt macht, wenn sie damit keine Probleme hat. Und selbst wenn sie Katinka nicht bloßstellen will, hätte sie ja auch verschweigen können, dass diese ihre Freundin ist.
Die Charaktere sind trotz ihrer Schwächen gut nachvollziehbar: Katinka ist die unsichere Heldin, die sich eher versteckt und nur selten für jemanden Partei ergreift; Emilia ist sehr introvertiert und hält sich ebenso zurück, wenn es darum geht eine Entscheidung umzusetzen. Die beiden sind damit zwar nachvollziehbar, denn sie dürften dem typischen Jugendlichen entsprechen, der sich schwer tut, eigene Entscheidungen zu treffen und erwachsen zu werden, sympathisch sind sie dem Leser aber nur bedingt. Gerade Katinka möchte man immer wieder schütteln und darauf hinweisen, dass sie weder für ihre Freundin, noch für ihre Freunde eine Hilfe und Stütze ist. Zwischendurch wünscht man ihr sogar, von Emilia sitzengelassen zu werden, denn im Grunde hat Katinka mehr Unterstützung seitens ihrer Familie und ihrer Freunde, als so manch anderer.
Die übrigen Charaktere sind wesentlich sympathischer – Katinkas Freund Milan kommt zwar etwas kurz, dafür kann man seine Auftritte aber besser genießen, dafür lernt man endlich Britta kennen, die in Band 1 nur am Rande erwähnt wird. Und man interessiert sich, wie die Sache für Arvid endet, denn seine Geheimnisse bieten Potenzial für eine eigene Geschichte.
Stilistisch kann „Tanz ins Flutlicht“ auf jeden Fall punkten. Lina Kaiser hat einen sehr schönen, aufwendigen und soliden Stil, der eine besondere Nähe zu den Charakteren aufbaut. Das Buch ist aus Katinkas Sicht geschrieben, dementsprechend intensiv lernt man sie, ihre Gedanken und Gefühle kennen. Dabei gelingt es Lina Kaiser nicht nur die Gefühle perfekt zur Sprache zu bringen und umzusetzen, Katinka wird im Laufe des Buches auch erwachsen. Dieser Reifeprozess ist der Autorin sehr gut gelungen – man erlebt Katinkas Weiterentwicklung direkt mit und kann sich daher sehr gut mit ihr identifizieren (auch wenn man sie immer wieder belehren möchte).
Fazit:
„Tanz ins Flutlicht“ ist eine gelungene Fortsetzung von „Im Abseits der Lichter. Lina Kaiser hat einen schönen Coming-of-Age Roman geschaffen, der hin und wieder seine Längen hat und dessen Heldin dem Leser nur bedingt sympathisch ist, die man aber dennoch irgendwie verstehen kann. Stilistisch gibt es nichts zu bemängeln, so dass man das Buch allen ans Herz legen kann, die bereits Lina Kaisers Debüt mochten oder sensible, realistische Jugendromane schätzen. Reinschauen.
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