Autor: Shaun David Hutchinson
Hardcover: 360 Seiten
ISBN: 978-3-401-60414-5
Preis: 12,99 EUR (eBook) / 16,00 EUR (Hardcover)
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Story:
Seit Monaten lebt Drew in einem unfertigen Teil des Roanoke General Hospitals, arbeitet schwarz in der Cafeteria und versucht Dem Tod zu entkommen, die ihn in jener schrecklichen Nacht, in der seine Familie gestorben ist, vergessen hat. Niemand weiß, wer er wirklich ist, denn Drew setzt alles daran, seine wahre Identität zu verschleiern – vor den Pflegern der Notaufnahmen, mit denen er befreundet ist, vor Lexi und Trevor, zwei krebskranke Jugendliche, die er regelmäßig besucht und vor seinem Chef Anton. Erst als eines Nachts der schwerverletzte Rusty eingeliefert wird, beginnt sich Drew zu ändern – er besucht den Schwerkranken heimlich auf der Intensivstation, beginnt ihm vorzulesen und erzählt ihm die Wahrheit über sich. Auch Rusty öffnet sich ihm gegenüber und schon bald verbindet die beiden jungen Männer mehr. Doch damit beginnen erst Drews Probleme, denn der Tod wird auf ihn aufmerksam und sein Lügenkonstrukt droht endgültig aufzufliegen …
Eigene Meinung:
„So beschissen schön ist nur das Leben“ ist ein Jugendbuch von Shaun David Hutchinson und erschien in deutscher Übersetzung im Arena Verlag. Das Buch begleitet den jungen Drew bei seiner ganz persönlichen Trauerbewältigung, nachdem er seine Familie verloren hat und dabei neue Hoffnung zu schöpfen versucht. Das Buch enthält eine 32-seitige Graphic Novel von Christine Larsen, die die Geschichte von Patient F erzählt – dem Comic, an dem Drew während seiner Zeit im Krankenhaus arbeitet und der einen Ausblick auf Drews Zukunft außerhalb des Krankenhauses gibt.
Die Geschichte besticht nur bedingt durch eine logische Grundhandlung, denn die Tatsache, dass Drew unbemerkt mehrere Monate in einem Krankenhaus lebt, ohne dass es jemand – Ärzte, Pfleger, Patienten – bemerkt, erscheint ein wenig an den Haaren herbeigezogen und wirkt an vielen Stellen unglaubwürdig. Das betrifft nicht nur die Grundgeschichte, sondern auch Drews teils sehr naives, junges Verhalten und seine Fixierung auf den Tod – im Grunde nur eine Sozialarbeiterin, die sich mit Todkranken unterhält und ihnen Beistand gibt. Sobald man diese Punkte als gegeben akzeptiert hat und sich auf die restliche Handlung konzentrieren kann, kann man jedoch tiefer ins Buch eintauchen und sich auf die eigentliche Geschichte einlassen – die Hintergründe zu Drews Leben, seine Freundschaften innerhalb der Klinik und seine besondere Bindung zu Rusty, der eines Nachts mit schweren Verbrennungen eingeliefert wird. Schnell wird Rusty zu einem Anker für Drew – er erzählt ihm von seiner Vergangenheit, seinen Ängsten und von seinem Comic „Patient F“, an dem er während seiner freien Zeit arbeitet. Zeitgleich erfährt er mehr von Rusty, der auf einer Party von Schulkameraden angezündet wurde, weil er schwul ist. Da Drew selbst homosexuell ist, fühlt er sich noch stärker mit dem Jungen verbunden und setzt alles daran, ihn vor dem Tod zu beschützen. Gleichzeitig drohen seine Lügen nach und nach aufzufliegen, insbesondere da die Sozialarbeiterin ihm auf die Schliche kommt und Drew mehr und mehr in eine Ecke drängt.
Die Charaktere sind gut gezeichnet – man lernt Drew sehr intensiv kennen und versteht seine Ängste, Probleme und Beweggründe. Er kommt mit dem Tod seiner Familie nicht zurecht und klammert sich an die Vorstellung, dass er den Ort nicht verlassen kann, an dem seine Eltern und seine Schwester gestorben sind – ansonsten würde ihr Tod erst real werden. Noch vor Rusty, der einen überraschend kleinen Teil der Handlung einnimmt, stehen Lexi und Trevor im Zentrum der Geschichte – die beiden krebskranken Jugendlichen schließt man sehr schnell ins Herz und fiebert mit ihnen mit. Sie geben Drew mehr als einmal einen Schubs in die richtige Richtung, ebenso wie er den beiden hilft und bemüht ist, sie aus ihrem Trott zu befreien.
Die Erwachsenen wirken manchmal ein wenig zu blass – insbesondere diejenigen, die Drew näher kennen. Es verwundert ein wenig, dass niemand auf die Idee kommt, zu fragen, warum er so viel Zeit im Krankenhaus verbringt.
Stilistisch legt Shaun David Hutchinson ein gut geschriebenes, sehr emotionales Jugendbuch vor, das gänzlich aus Drews Sicht erzählt wird. Daher lernt man den Teenager am besten kennen – gerade was seine Gedanken und Gefühle anbelangt, ist das Leser immer hautnah dabei. Sei es sein Kampf gegen den Tod, sein Wunsch seine Freunde zu beschützen oder seine langsam erwachenden Gefühle Rusty gegenüber – man baut eine emotionale Bindung zum Hauptcharakter auf und taucht immer wieder in seine Psyche ein, die durchaus verwirrend sein kann, wenn nicht sogar paranoid. Zudem spricht Shaun David Hutchinson einige wichtige Probleme unserer Zeit an – allen voran Mobbing in der Schule. Es ist sehr schade, dass dieses Thema nur am Rande vorkommt, doch da sich die Geschichte um Drews Weg zurück ins Leben dreht, ist es in Ordnung.
Fazit:
Mit „So beschissen schön ist nur das Leben“ ist Shaun David Hutchinson ein ungewöhnliches Jugendbuch gelungen, das von der Grundidee her zwar schön und fantasievoll ist, jedoch einer realistischen und glaubwürdigen Grundlage entbehrt. Wer sich daran nicht stört, bekommt ein einfühlsam geschriebenes Jugendbuch mit tiefgängigen Charakteren und einer Geschichte, die zum Nachdenken anregt. Im Zweifelsfall reinlesen und selbst entscheiden -lohnenswert ist „So beschissen schön ist nur das Leben“ auf jeden Fall.