Autor: Aeryn Vescori
Taschenbuch: 312 Seiten
ISBN: 978-3981594867
Preis: 5,00 EUR (eBook) | 9,95 EUR (Taschenbuch, vergriffen)
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Story:
Aiden lebt in einer Welt, in der alle magisch Begabten früher oder später von den Kontrolleuren des magischen Ordens vor die Wahl gestellt werden: Schwert oder Kette, Tod oder Gefangenschaft und Arbeit zum Wohle des Reiches. Als Aiden, der über die seltene Fähigkeit des Traumwebens und Traumtanzens verfügt, eines Nachts abgeholt wird, ahnt er nicht, was ihn in Serinis, der königlichen Hauptstadt, erwartet. Doch all seine Vorstellungen können sich kaum mit der Realität messen, denn Magier werden nicht nur streng überwacht, für die mechamagischen Forschungen ausgenutzt und eines Großteils ihrer Freiheit beraubt, die normale Bevölkerung fürchtet sie und missbilligt ihre Kräfte.
Für Aiden bricht eine schwere Zeit an, in der er seine wahren Talente verstecken muss, da seine Zauberei alles andere als gewöhnliche Magie ist. Dennoch will er sein Schicksal nicht kampflos hinnehmen und tritt mit dem Widerstand Serinis in Kontakt, der von dem Magier Kellin angeführt wird. Dieser erkennt schnell, welche Kräfte in Aiden schlummern und ist erleichtert, als der junge Traumweber seine Hilfe anbietet, insbesondere da der geplante Umsturz kurz bevor steht. Doch bis es soweit ist, muss Aiden nicht nur die Wurzeln seiner eigenen Herkunft und den Geheimnissen der Welt ergründen, sondern sich auch mit den ungeahnten Gefühle auseinander setzen, die Kellin in ihm auslöst …
Eigene Meinung:
Der 300-seitige Fantasyroman „Traumweber“ ist das Debüt des Autors Aeryn Vescori und erschien 2014 beim Incubus Verlag als Taschenbuch und eBook. Im Gegenzug zu anderen Veröffentlichungen des Verlages im Fantasy- Genre, ist „Traumweber“ weniger romantisch und erotisch geraten und konzentriert sich stärker auf die Geschichte und die Figuren. Das ist bei weitem nicht negativ zu werten – im Gegenteil. Aeryn Vescoris Gewichtung auf den Inhalt und seine Protagonisten ist stimmig und meiner Meinung nach absolut passend. Erotik oder allzu viel Romantik hätten in diesem Buch nur gestört und dem Lesevergnügen nachhaltig geschadet. Weder die Geschichte, noch die gut ausgearbeiteten Figuren sind darauf angelegt sich in den typischen Bahnen des Gay Romance Bereiches oder der schwulen Fantasy zu bewegen. Stattdessen erschafft Aeryn Vescori etwas gänzlich Eigenes, das den Leser schnell in seinen Bann zieht, so dass er schwer fällt das Buch beiseite zu legen.
Das Taschenbuch ist nach der Incubus Verlags Pleite leider vergriffen, das eBook ist inzwischen im Selbstverlag erschienen.
Der Autor hat ein Händchen für komplexe Hintergründe und gut durchdachte Wendungen, was besonders am Ende von „Traumweber“ ersichtlich wird. Mit einem wirklich genialen Clou beantwortet er auch die letzten Fragen des Lesers – teilweise sogar solche, die nicht man einmal gestellt hat, da sie dem Leser erst im Nachhinein bewusst werden. Aeryn Vescori liefert einen absolut überzeugenden, in sich schlüssigen und sehr gut durchdachten Roman ab, der Fantasyfans begeistern dürfte. Dabei ist es vollkommen egal, ob man homoerotische Lektüre mag oder nicht – Aidens und Kellins Gefühle füreinander sind weder romantisiert dargestellt, noch wird ihnen eine größere Gewichtung zuteil. Sicherlich sind einander wichtig, doch die wahren Gründe liegen fernab der üblichen, klischeebehafteten Liebesgeschichten, die man vielleicht erwartet.
Darüber hinaus entspinnt Aeryn Vescori eine faszinierende Mischung aus klassischer Fantasy und Steampunk, geht jedoch auch neue Wege und verfolgt ungewöhnliche Ansätze. So ist das Konzept der Mecha-Magie interessant und gut umgesetzt, ebenso die politischen Hintergründe und das Magiekonzept. Leider erfährt man alles in allem doch zu wenig von der Welt, in der „Traumweber“ spielt. Man kann davon ausgehen, dass Aeryn Vescori nur einen kleinen Einblick in seine Fantasywelt gegeben hat, immerhin ist er seit Jahren Rollenspieler und Spielleiter, was die Vermutung nahelegt, dass er den Leser in eine, über Jahre hinweg gereifte Rollenspielwelt entführt hat. Vielleicht gibt es ja irgendwann eine Fortsetzung, in der man mehr über die Hintergründe erfährt und Aiden, Kellin und ihren Freunden wiederbegegnet.
Neben der tollen Geschichte, können auch die Charaktere überzeugen. Hierbei sollte man das Buch aber bis zum Ende gelesen haben, denn viele Punkte, die einem am Anfang seltsam erscheinen und fremdartig, werden Stück für Stück erklärt. So erschließt sich dem Leser erst am Ende, was es mit Aiden wirklich auf sich hat und warum er so gar nicht wie ein 20-Jähriger wirkt. Auch Kellin weiß zu gefallen – seine Beweggründe sind gut nachvollziehbar, auch wenn man wie Aiden immer mal wieder im Dunkeln tappt.
Positiv anzumerken sei an dieser Stelle, dass Aeryn Vescori darauf verzichtet, einen typischen Bösewicht zu erschaffen, gegen den die Helden in den Krieg ziehen – zum einen gibt es keine wirklichen, strahlend weißen Helden, zum anderen hat der Gegner sehr gute Gründe für sein Handeln und verhält sich vollkommen normal, wenn man die Geschichte aus seiner Perspektive betrachtet. Der Autor verzichtet auf das übliche schwarz/weiß Schema der gängigen High Fantasy Romane und geht mehr in die Tiefe. Dadurch wirkt „Traumweber“ niemals künstlich aufgebläht, sondern ist in sich stimmig und gut nachvollziehbar.
Aeryn Vescoris Stil ist sehr lyrisch, fast schon pompös geraten. Wer sich auf der Seite des Autors umschaut, erkennt, dass er sich den Schreibstil des 19. Jahrhunderts als Vorbild gewählt hat, was seine ausschweifenden Beschreibungen und die teilweise recht langatmigen Formulierungen erklärt. Besonders die ersten vierzig Seiten ziehen sich ein wenig in die Länge, da sich Aeryn Vescori viel Zeit damit lässt, Aiden einzuführen und die Welt zu beschreiben. Auch Aidens Gefühlswelt wird überschwänglich beleuchtet, was den Einstieg in die Geschichte etwas erschwert. Wenn man diesen Part jedoch überwunden hat, wird es nicht nur spannender und actionreicher, “Traumweber“ ist dann auch angenehmer zu lesen, da sich der Autor mehr auf die wichtigen Dinge der Geschichte konzentriert und sich nicht mehr an Kleinigkeiten aufhält.
Fazit:
Mit „Traumweber“ ist dem Incubus Verlag erneut ein ausgezeichnetes, sehr schönes Buch gelungen, das sie angenehm aus der breiten Masse aktueller Gay Romane hervorhebt und beweist, dass der kleine Verlag noch immer für außergewöhnliche schwule Buchprojekte steht, die sich in keine Schublade stecken lassen.
Aeryn Vescoris Roman besticht durch eine tolle Geschichte, geniale Wendungen, eine komplexe Hintergrundwelt und interessante Charaktere, die dem Leser schnell ans Herz wachsen. Wer High Fantasy im generellen und Gay Fantasy im speziellen mag, sollte „Traumweber“ eine Chance geben – man erhält einen gut geschriebenen, in sich stimmigen Roman, der fasziniert und begeistert. Man darf auf das nächste Buch von Aeryn Vescori gespannt sein – für mich wird es ein absoluter Pflichtkauf.
Unbedingt lesen!
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