Autor: Josh Lanyon
Taschenbuch: 240 Seiten
ISBN: 978-3981594881
Preis: 4,99 EUR (eBook) | 10,95 EUR (Taschenbuch)
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Inhalt:
Nach einem katastrophalen Wochenende mit seiner großen Liebe Marcel, kehrt Perry Foster niedergeschlagen in sein Zimmer im altehrwürdigen Alston Estate zurück – und findet in seiner Badewanne die Leiche eines Mannes. Vollkommen entsetzt stürmt er aus der Wohnung, um die anderen Bewohner des umgebauten Hotels zu informieren, doch als die Polizei auftaucht, ist der Tote verschwunden. Einzig der ehemalige Marine Nick Reno schenkt Perry Glauben, hat er doch zumindest einen Teil der Spuren gesehen, die unterdessen jedoch komplett verschwunden sind.
Gemeinsam versuchen sie herauszufinden, was wirklich geschehen ist und ob die verschrobenen Bewohner des Hauses etwas mit der verschwundenen Leiche zu tun haben. Während Perry von jemandem bedroht wird und schon bald ein zweiter Mord darauf hindeutet, dass die beiden auf der richtigen Spur sind, kommen sich Perry und Nick näher, als es dem Marine lieb ist …
Eigene Meinung:
Mit dem Krimi „Eine Leiche taucht ab“ von Josh Lanyon wagt sich der Incubus Verlag erstmals in internationale Gewässer und legt den Roman eines sehr bekannten und beliebten Schriftsteller des amerikanischen Gay Romance Marktes vor. So zeigt sich Josh Lanyon bereits für mehrere Reihen und Einzelromane verantwortlich, „Eine Leiche taucht ab“ ist das erste Buch des Autors, das es nach Deutschland geschafft hat. Lange müssen Fans nicht auf weitere Werke warten – bereits im Oktober soll der erste Band der „Adrien“-Reihe unter dem Titel „Tödliche Schatten“ beim Bruno Gmünder Verlag erscheinen. Die Neuauflage des Romans erschien beim deadsoft Verlag.
Der Krimi ist klassisch aufgebaut, jedoch dank der Atmosphäre des alten Hauses und den leicht unheimlichen Touch angenehm anders, da es ein wenig an Geisterhaus- und Gruselgeschichten erinnert. Dennoch kommen keinerlei übernatürliche Aspekte vor. Alles läuft auf normalen Bahnen und bietet am Schluss eine logische und nachvollziehbare Erklärung für alle die Ereignisse, die Perry und Nick durchstehen müssen. Dabei steht die Entwicklung ihrer Beziehung nicht im Vordergrund – sie ist vielmehr schmückendes Beiwerk, ohne von dem Fall abzulenken, der mit jedem Kapitel an Komplexität gewinnt. Josh Lanyon entwickelt eine tolle Hintergrundgeschichte, die er geschickt mit den Vorfällen im Alston Estate verknüpft und die für Spannung und Dynamik sorgt. Lediglich am Ende schwächelt hinsichtlich der Logik ein wenig, was jedoch teils an den agierenden Figuren liegt.
Die Charaktere passen durchaus zum Inhalt des Buches, sind jedoch manchmal ein wenig schwer zu fassen. Gerade auf Perry mit seiner extrem kindlichen, fast schon hilflosen Art kann man sich als Leser zu Beginn des Buches nur schwer einlassen. Auf eine seltsame Art ist er fast klischeehaft stereotyp, doch zum Glück gibt sich das im Laufe der Geschichte – er wird mutiger, selbstbewusster und stärker. Auch Nick fällt schnell in das Schema des großen, starken Beschützers, der sich natürlich in den schwachen, ängstlichen jungen Mann verliebt. Dass er eigentlich auf Frauen zu stehen scheint (erst im letzten Drittel wird offenbart, dass auch Nick eher an Männern interessiert ist), erschwert es einfach ihn und seinen Charakter zu begreifen. Man hat die meiste Zeit das Gefühl, er würde unlogisch handeln, weil er zu schnell Perry anspringt. Es fehlen einfach die Zwischentöne oder auch die Gedankengänge, die dem Leser schon früher offenbaren, wie Nick tickt. Und gerade weil die Geschichte teilweise aus der Sicht des Marines erzählt wird, kommt es dem Leser so vor, als würde der Autor diese Information absichtlich zurückhalten, um die Spannung zwischen Perry du Nick aufrecht zu erhalten.
Auch die Nebenfiguren agieren nicht immer nachvollziehbar – gerade der Mörder handelt zum Ende hin seltsam unlogisch. Hier fehlen irgendwie Erklärungen, die wirklich alle Fragen und offenen Punkte restlos beantworten.
Stilistisch fällt es schwer „Eine Leiche taucht ab“ einzuordnen. Teils hat Josh Lanyon einen sehr schönen, ausgereiften und fesselnden Stil, teils stolpert man über einige Sätze und Passagen, die den Lesefluss hemmen. Vielleicht liegt das an der deutschen Übersetzung, doch es kommt immer wieder zu ein wenig verwirrenden Satzkonstruktionen oder der Autor schiebt in regelmäßigen Abständen Infodumps ein, die manchmal nicht ganz zu den Szenen passen. Gerade während eines Dialogs fand ich längere abschweifende Passagen lästig, da sie den Leser einfach aus der Handlung werfen.
Zum Ende hin hat man zudem das Gefühl, dass der Autor sich ein wenig verschätzt hat, was die restlichen Seiten anbelangt – das Finale wirkt sehr schnell runtererzählt. Hier fehlen detailliertere Beschreibungen, um der Handlung wirklich noch folgen zu können. Auch mangelt es an Umgebungsbeschreibungen, so dass man sich das Ganze nicht mehr bildlich vorstellen kann.
Fazit:
Trotz der genannten Kritikpunkte ist „Eine Leiche taucht ab“ ein guter Krimi, der mit einer schönen Hintergrundidee, einem tollen Kriminalfall und einem zumeist guten, stimmungsvollen Schreibstil punkten kann. Die Charaktere sind ein wenig unausgegoren, da sie an einigen Stellen zu klischeehaft, an anderen fast schon aufgesetzt anders sind (wahrscheinlich um dem stereotypen Erscheinungsbild entgegen zu wirken). In Kombination mit dem schwachen Finale, das zu schnell runtererzählt wird und dafür sorgt, dass dem Krimi zum Ende hin fast die Luft ausgeht, schafft es Josh Lanyon leider nur auf knappe 3,5 bis 4 Sterne. Schade – da wäre mehr drin gewesen.
Normalerweise finde ich deine Kommentare sehr nachvollziehbar und auch hier passen die meisten Punkte, aber…
Dieses Buch habe ich schon gelesen und es hat mir sehr gefallen, eben weil hier nicht alles sofort und expliziet erwähnt wird.
Männer sprechen im allgemeinen nicht über Gefühle, sondern sie handeln danach und das wiederspiegelt sich hier auf wunderbarer Art und Weise.
Das ist für mich auch der ganz grosse Unterschied zwischen den meisten Autorinnen, die einen Gay Romance schreiben und den männlichen Autoren aus dieser Sparte.
Frauen wälzen oft Gefühle sprachlich bis zum geht nicht mehr aus. Alles, wirklich alles, muss expliziet erwähnt werden, da ist kaum/kein Raum für Interpretationen (sicher Geschmackssache, ich selber finde das nicht so toll), bei männlichen Schriftsteller sind es vor allem Taten, die sprechen (das verlangt viel mehr Feingefühl beim Leser, als wenn alles bis ins kleinste Detail ausgeschrieben wird).
Ich persönlich finde es wunderbar, wenn man erst so nach und nach die Gefühle bei den beteiligenden Personen offenbart bekommt, ist ja im realen Leben nicht anders, erst recht nicht, wenn sich die Person gegen diese Gefühle wehrt, da sind diese oft der Person selber nicht bewusst.
Manchmal frage ich mich, ob man als Leser in der heutigen Zeit so überschwemmt wird von SOG (und Nachfolger) und all den New Adults-Romane, dass man einfach nicht mehr fähig ist, zwischen den Zeilen lesen zu können? Und ist ein Buch darum nicht ganz so gut oder gar schlecht, wenn es nicht in diesem Fahrwasser mitschwimmt?
Übrigens vier Sterne hätte ich dem Buch auch gegeben, wenn auch aus anderen Gründen.
Hallo,
danke für dein Feedback und die Reaktion auf meine Rezi. Ich weiß schon was du meinst und bin ebenfalls der Meinung, dass nichts explizit erwähnt werden muss, wenn es um die Gefühle zweier Männer geht, aber gerade wenn eine Geschichte aus Sicht von 2 Charakteren erzählt wird und Nick im Grund weiß, dass er schwul ist, wäre es trotzdem schön gewesen, das früher zumindest in seinen Gedanken mitzubekommen – klar er muss es Perry ja nicht gleich aufs Butterbrot schmieren, aber zumindest der Leser hätte es vielleicht früher wissen sollen. Einfach weil ich die Hälfte der Geschichte gedacht habe: Man, der ist Hetero – wieso springt er sooo schnell auf Perry an? Das ist irgendwie voll das Klischee. Und als das geklärt wurde, kam ich mir leicht veralbert vor.
Was wären denn deine Gründe für 4 Sterne gewesen?
Hallo,
Ich fand die Liebesgeschichte wunderschön weil sie sich ganz langsam entwickelt und die hätte von mir auch fünf Sterne bekommen. Der Krimi war atmosphärisch am Anfang sehr dicht, sackt dann am Ende ziemlich ab, ganz so als wäre inzwischen unwichtig geworden.
Dieses Ungleichgewicht störte mich und kostete schlussendlich dem Buch den letzten Stern.
Übrigens war mir schon sehr früh klar, dass Nick schwul sein muss, bzw. gab es für mich diesbezüglich kein Überraschungsmoment.
Hm, okay die Sache mit Nick ist echt Geschmackssache. Aber bei dem Krimi stimme ich dir zu. Den fand ich zum Ende hin echt mau, deswegen gab’s bei mir halt auch Abzüge.