Autorin: Magali Volkmann
Taschenbuch: 434 Seiten
ISBN: 978-3959919463
Preis: 4,99 EUR (eBook) | 14,90 EUR (Taschenbuch)
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Story:
Seit einem Attentat ist Taiden, Sproß der Adelsfamilie Belarron verkrüppelt und ein gesellschaftlicher Außenseiter. Als seiner Mutter ihn mit einer Frau verheiraten will, sucht Taiden sein Heil in der Flucht und verlässt den Familiensitz Rabenfels. In der Nachbarinsel Arassa will er der Garde beitreten und endlich selbst Rebellen jagen – immerhin hat er einem von ihnen seine gelähmte, rechte Hand zu verdanken. Sein oberstes Ziel ist es, den Schatten von Arassa zu fangen, den maskierten Mann, der für das Schwarze Uhrwerk (des Herrschaftssystems) der Staatsfeind Nummer 1 ist. Doch sein Vorhaben gerät ins Wanken, als er den Mann hinter der Maske kennenlernt – Kyron nimmt ihn unter seine Fittiche und rettet ihm mehrfach das Leben. Zudem ist er in Wahrheit nicht ansatzweise so schlecht wie sein Ruf, will er nicht gegen das Uhrwerk rebellieren, sondern lediglich den Menschen helfen, die unter der Willkür und Grausamkeit des Schwarzen Uhrwerks zu zerbrechen drohen. Nach einer Weile schließt sich Taiden an, lernt mehr über das wirkliche Leben auf den 13 Inseln kennen und greift schließlich selbst nach der Maske, als Kyron bei einem Attentat ums Leben kommt. Als neuer Schatten wird er mehr und mehr zu dem Rebellenkönig, der das Uhrwerk stürzen und die Inseln endlich befreien könnte …
Eigene Meinung:
Mit dem Einzelband „Das schwarze Uhrwerk“ erschien das spannende Steamfantasy-Debüt von Magali Volkmann beim Drachenmond Verlag. Die Geschichte spielt auf 13 Inseln und wartet mit einer Vielzahl Charakteren, Rassen und funkensprühender Ideen auf. Grundsätzlich hätte man aus den vielen Handlungssträngen mehrere Bücher schreiben können – die Autorin hat sich für einen 430-seitigen Roman geschrieben, der Potenzial zu mehr gehabt hätte.
Die Geschichte beginnt spannend und zieht den Leser bereits auf den ersten Seiten in den Bann. Man taucht schnell in die Welt der 13 Inseln auf und lernt in Taiden einen ungewöhnlichen Helden kennen – er ist verkrüppelt, ein gesellschaftlicher Außenseiter und alles andere als stark. Zumeist läuft er weg, wenn er mit einer Situation nicht zurechtkommt, anstatt zu kämpfen – was auch eine Möglichkeit ist, die Geschichte voranzutreiben. Geplagt von düsteren Visionen seines Uhrgroßvaters (des Begründers des Schwarzen Uhrwerks) stolpert Taiden von einer Katastrophe in die nächste, ohne wirklich etwas zu bewegen. Seine größte Schwäche und die der gesamten Geschichte ist es, dass er keinen wirklichen Plan hat, was er eigentlich erreichen will. Er reagiert nur auf die Geschehnisse, er bestimmt sie nicht. Als Leser vermisst man irgendwann den roten Faden, ist genervt von seinem ständigen Hin und Her und wünscht sich einen Helden, der zumindest ansatzweise einen Plan verfolgt. Um die Verwirrung zu erhöhen, spielt die Geschichte binnen knapp 15 Jahre – zu Beginn ist Taiden 15, am Ende Anfang 30. Der ganze Roman ist gespickt mit Zeitsprüngen, denen man nur schwer folgen kann und die einem das Gefühl geben, etwas wichtiges zu verpassen – gerade hinsichtlich der Charakterentwicklung und des Spannungsaufbaus. Zum Ende hin wird das Buch immer verworrener, die Handlungen der Figuren immer unlogischer und die gesamte Geschichte immer konstruierter. Taidens Aktionen sind einfach nur hanebüchen und man fragt sich, warum ihm keiner seiner Berater in die Parade fährt oder zumindest andere Ideen hat, wie man eine Rebellion angeht. Dann wären etliche liebgewonnene Charaktere am Ende noch am Leben, die nur zu sterben scheinen, weil das so vorgesehen ist und um Taiden noch mehr den Anstrich des armen, gebrochenen Helden zu geben.
Neben der verworrenen und recht unlogischen Geschichten, stört mich persönlich noch die Tatsache, dass Taiden seine Bisexualität bis zum Ende verschweigt und er seine Beziehung zu Kyron sogar gegenüber seiner Frau nie offen zugibt. Dabei gibt es Situationen, wo er ihr davon hätte erzählen können (und meiner Meinung nach auch müssen, immerhin baut eine Ehe auf Vertrauen und Offenheit), ganz gleich wie streng die Gesetze hinsichtlich gleichgeschlechtlicher Liebe auf den 13 Inseln sind. Es hinterlässt einen bitteren Nachgeschmack, dass Taiden Kyron bis zuletzt verleugnet und ist in Anbetracht der aktuellen Diskussionen hinsichtlich queerer Repräsentation ist Taidens Art durchaus bedenklich.
Die Figuren sind durchaus gut ausgearbeitet – Taiden ist eher ein Antiheld, doch er hat Potenzial sich zu verändern und aus seinen Fehlern zu lernen (was er leider nur bedingt tut), um seine Ideen und Pläne in die Tat umsetzen. Seine Partner und Geliebten, sei es Kyron, der als Schatten von Arassa helfen will oder Araine, die innerhalb der Rebellion lernt zu kämpfen und sich mit Feuereifer gegen das Uhrwerk stellt, sind wesentlich stärker und solider als Taiden. Auch die übrigen Figuren – die Funkenmechanikerin Aurenna, Taidens Berater Naris und Kanra und die vielen Nebenfiguren – haben mehr Profil als der Hauptcharakter. Das ist im Laufe der Geschichte auch das größte Problem des Romans – Taiden ist als Hauptfigur zu schwach und kann sich nie wirklich gegen die vielen anderen Figuren durchsetzen.
Stilistisch gibt es nichts zu bemängeln – Magali Volkmann hat einen sehr schönen Schreibstil, der durch lebendige Dialoge und Beschreibungen besticht. Die Handlung wird zumeist aus Taidens Sicht erzählt (Ich-Perspektive, denn es handelt sich um Tagebücher), manchmal wechselt die Autorin jedoch ohne Übergang die Perspektive, was zusätzlich verwirrt. Nichtsdestotrotz besitzt sie ein Übermaß an Fantasie, die den Leser schnell in den Bann zieht – seien es die Hintergründe der Inseln, die verschiedenen Rassen (auch wenn man sie nur schwer auseinander halten kann), die technischen Finessen und die magischen Elemente: die fantastische Welt des Schwarzen Uhrwerks macht Spaß und ist mir viel Liebe zum Detail erschaffen. Was dem Roman zusetzt sind die verworrenen Handlungsabläufe, denn die Autorin scheitert daran, eine solide, in sich schlüssige Geschichte zu erzählen und einen Hauptcharakter zu erschaffen, dessen Aktionen nachvollziehbar sind und die dafür sorgen, dass man mitfiebert. Das ist schade, denn „Das schwarze Uhrwerk“ hatte enorm viel Potenzial ein geniales Steamfantasy-Abenteuer zu sein und vielleicht den Auftakt einer Reihe zu bilden, denn von den 13 Inseln lernt man leider nur 3 oder 4 kennen.
Fazit:
„Das schwarze Uhrwerk“ ist ein Steamfantasy-Roman, der stark beginnt, aber leider auch stark nachlässt. Das Buch besticht durch eine tolle Grundidee, viele schöne Steampunkelemente und einen sehr schönen, flüssigen Schreibstil. Hauptmanko ist der Held der Geschichte, dessen Handlungen nicht nachvollziehbar sein und den man von Kapitel zu Kapitel weniger leiden kann. Auch die Geschichte wird zunehmend unübersichtlicher und unlogischer, der Plot unrund und nicht wirklich durchdacht, was das Lesevergnügen stark trübt. Schade, hier hätte man soviel mehr machen können. Von mir leider nur 2,5 Sterne …