Autor: Johannes Jarchow
Taschenbuch: 274 Seiten
ISBN: 978-1719989060
Preis: 3,50 EUR (eBook) / 9,50 EUR (Taschenbuch)
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Story:
Julians/Melanies Leben ist bestimmt durch Selbsthass und Selbstzerstörung, Therapiegesprächen und Klinikaufenthalten, aber auch alltäglichen Episoden mit Freunden. Den Lebensunterhalt bestreitet er/sie damit, sich Männern zu verkaufen, ganz gleich wie brutal und extrem es zugeht, für ihn/sie kein Problem – was an der bipolaren Störung liegt, die bei Julian/Melanie immer deutlicher zutage tritt. Dieses selbstzerstörerische Leben mündet in einem Selbstmordversuch und einem längeren Klinikaufenthalt, der Julian/Melanie alles abverlangt, aber letztendlich keine Heilung oder Abmilderung seiner Krankheit mit sich bringt.
Eigene Meinung:
Mit dem ungewöhnlichen und authentischen Roman „Die Fremde in mir“ legt Johannes Jarchow sein erstes belletrisches Werk vor, nachdem er vorwiegend wissenschaftliche Abhandlungen im Bereich Psychologie verfasst hat. Der Roman erschien 2018 im Selbstverlag und legt den Hauptfokus auf die bipolare Störung des Hauptcharakters.
„Die Fremde in mir“ hat keine durchgängige, chronologische Handlung – zumindest fällt es dem Leser schwer, eine solche zu erkennen. Stattdessen begleitet man Julian/Melanie durch all die Phasen seiner Erkrankung – Depression bis hin zu Suizidgedanken, manische und hypomanische Phasen (die vergleichsweise selten Erwähnung finden) und schließlich die alltäglichen Phasen, in denen alles fast normal erscheint. Hinzukommt die Tatsache, dass sich Realität und Traum miteinander zu vermischen scheinen; gerade bei extremen Sex- und Gewaltexzessen kann man schwer auseinander halten, was Julian/Melanie wirklich zustößt und was Teil seiner selbstzerstörerischen Gedankenwelt ist. Das macht den Roman zu einer durchgängig schweren Kost, die man keinesfalls zwischendurch lesen sollte und den man auch nur schwer begreifen kann – Fans von lockerleichter Literatur sind hier definitiv falsch, ebenso Leser, die auf eine kontinuierliche Geschichte mit Anfang und Ende hoffen. Gerade die blutigen, sehr expliziten und gewalttätigen Sexszenen sorgen dafür, dass man „Die Fremde in mir“ am liebsten angewidert beiseitelegen möchte, ebenso ist es nicht leicht die Handlung nachzuvollziehen, da diese nicht kontinuierlich läuft. Man muss bereit sein, teilweise seine eigenen Grenzen auszuloten wenn man sich auf Johannes Jarchows Roman einlassen und die Figur des Julian / der Melanie verstehen will. Zudem darf man keine Auflösungen und schon gar kein Happy End erwarten – „Die Fremde in mir“ gibt lediglich einen kurzen Einblick in das Leben eines Menschen mit bipolarer Störung, der/die sich zudem im Transgender-Bereich bewegt. Es ist eher ein Psychogramm, als ein wirklicher Roman, was besonders bei den Gesprächen mit der Psychologin und der Beschreibung des Klinikaufenthaltes deutlich wird.
Julian/Melanie ist schwer zu erfassen – er/sie ist ein zutiefst selbstzerstörerischer Mensch, dem/der es an jeglichem Selbstwertgefühl fehlt und der sich zumeist in seine eigene Welt zurückzieht. Dem Leser fällt es schwer, sich wirklich mit ihm/ihr zu identifizieren, gerade wenn man bisher wenig Berührungspunkte mit dem Krankheitsbild der bipolaren Störung hatte. So wirken Handlungen und Taten von Julian/Melanie mitunter unverständlich, viele der Gefühle nicht nachvollziehbar. Nichtsdestotrotz will man mehr von ihm/ihr erfahren und lässt sich auf die Geschichte ein, die immer wieder wie ein Horrortrip wirkt.
Stilistisch legt Johannes Jarchow einen gut geschriebenen, sehr heftigen Roman vor, der nahegeht und dem Leser einen tiefen Einblick in die Gefühls- und Gedankenwelt eines Menschen mit bipolarer Störung bietet. Leicht zu lesen ist „Die Fremde in mir“ trotzdem nicht – man muss sich auf einen expliziten, extremen Trip vorbereiten, der weder einen wirklichen Anfang, noch ein wirkliches Ende hat. Vielmehr liefert der Autor ein heftiges Psychogramm und regt dazu an, sie mit dem Thema bipolare Störung auseinander zu setzen. Man merkt, dass sich der Autor stark mit der Thematik auseinandergesetzt hat, wahrscheinlich hat er im beruflichen Umfeld mit Erkrankten zu tun. Das macht „Die Fremde in mir“ zu einem außergewöhnlichen Roman, der jedoch nicht jedermanns Geschmack sein dürfte – am besten reinlesen, bevor man zum Buch greift.
Fazit:
„Die Fremde in mir“ ist ein außergewöhnliches Buch von Johannes Jarchow, das durch eine extreme Darstellung von Sex und Gewalt und einer Hauptfigur besticht, die den Leser nicht loslässt. Das Buch ist eine Gratwanderung und gibt dem Leser einen tiefen Einblick in die Welt eines Menschen mit bipolarer Störung. Wer auf leichte Unterhaltung steht, ist hier definitiv falsch – „Die Fremde in mir“ ist ein Roman, er fernab der üblichen Unterhaltungsliteratur steht und dessen extreme Darstellung von Sex und Gewalt eher abstößt.
Ein Gedanke zu „[ROMAN] Die Fremde in mir von Johannes Jarchow“