Autorin: Julia E. Dietz
Taschenbuch: 264 Seiten
ISBN: 978-3863618131
Preis: 13,99 EUR (eBook) / 15,90 EUR (Taschenbuch)
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Story:
Nach seinem Coming-Out und der Tatsache, dass Lennart wieder in Berlin ist, zieht Timo ebenfalls aus dem dörflichen Kaltenbüttel in die wilde Großstadt. Dort verbringt er mit seinem Freund eine unbeschwerte Zeit – die Nächte pilgern sie durch die Bars und Diskotheken, die Tage lassen sie sich durch die der Stadt treiben oder faulenzen an Seen. All das gerät ins Wanken, als Timo Lennarts besten Freund Christoph kennenlernt, einen Pflanzennarr, Graffitikünstler und Quertreiber. Obwohl sie sich zu Beginn nicht gut verstehen, sind sie auf einer Welle, was schließlich darin endet, dass Timo immer wieder mit Christoph schläft. Während seine Beziehung zu Lennart zu zerbrechen droht, weil er sich mehr und mehr in Christoph verliebt, findet Lennart endlich heraus, wer sein Vater ist, was seine Mutter immer vor ihm verheimlicht hat.
Eigene Meinung:
Mit dem Roman „Die Nacht ist für uns“ legt Julia E. Dietz die Fortsetzung ihres Debüts „Glitzernde Nächte“ vor, in dem der Leser Timo und Lennart kennenlernt und in die ihre holprige Beziehung ihren Anfang nahm. Nichtsdestotrotz kann man den beim Männerschwarm Verlag erschienenen Roman als eigenständiges Werk lesen, um die Zusammenhänge zwischen den Personen zu verstehen, empfehle ich dennoch zuerst Glitzernde Nächte“ zu lesen.
Die Geschichte setzt nach den Ereignissen von „Glitzernde Nächte“ an und entführt den Leser nach Berlin, gewissermaßen in Lennarts Heimatstadt. Man lernt dessen Familie kennen und bekommt einen Einblick in dessen unruhiges Leben, in das Timo nur bedingt Ruhe hineinbringen kann. Der Einstieg fällt nicht ganz so leicht – man braucht, bis man wieder bei den Figuren ist und sich auf die Geschichte einlassen kann, was vor allem daran liegt, dass Julia E. Dietz ganz anders schreibt, als man es gewohnt ist (was nicht schlecht ist). Sobald man jedoch den Bezug zu den unterschiedlichen Charakteren hergestellt hat, ist man hautnah dabei. Wie schon im ersten Band gelingt der Autorin eine sehr authentische, realistische Geschichte, die weder fluffig romantisch ist, noch lockerleicht, sondern sehr direkt und vollkommen schnörkellos ist. Das gilt für die alltäglichen Beschreibungen, wenn die Jungs durch die Clubs ziehen oder beim Sex – Julia E. Dietz verzichtet auf alles, was unnötig in die Länge zieht, hält sich in allem lieber zurück und bringt die Sachen auf den Punkt. Diese Art zu schreiben und zu erzählen muss man mögen, gerade wenn man blumige und wortreiche Dialoge und Beschreibungen mag, lange Monologe und Blicke in die Gefühlswelten der Figuren. Dass ihre Figuren trotz der Knappheit an Worten so authentisch und greifbar sind, ist einer der großen Pluspunkte des Buches – die Autorin kann mit wenigen Worten mehr ausdrücken und dem Leser nahebringen als manch anderer Autor mit doppelt so vielen Seiten.
So sind Lennart, Timo, Christoph und all die schillernden Nebenfiguren sehr gut ausgearbeitet und haben alle ihre Stärken und Schwächen. Sie wirken lebendig und greifbar, sind sehr gut in Szene gesetzt und fügen sich stimmig in die Geschichte. Einige Figuren hätte man gerne etwas näher beleuchtet gehabt, auch ist es schade, dass Timos bester Freund Sebastian nur einen kurzen Auftritt bekommt und ansonsten keine größere Rolle spielt, doch man kann es verstehen – dieses Mal geht es mehr um Lennart, seine Freunde und sein „Revier“ (Berlin). Dementsprechend wird sein Freundeskreis beleuchtet.
Stilistisch bleibt sich Julia E. Dietz treu – auch mit „Die Nacht ist für uns“ legt sie ein solides, gut geschriebenes Buch vor, das durch eine direkte, unverblümte Sprache und sehr realistische Beschreibungen und Dialoge besticht. Auch dieses Mal verwirrt ein wenig die Tatsache, dass Timos Passagen aus der Ich-Perspektive geschrieben sind, während für Lennarts Passagen in der 3. Person geschrieben wurden – das springen zwischen den Erzählweisen mag nicht jedem liegen und erschwert ein wenig den Zugang zum Buch. Wer sich darauf einlässt, bekommt einen stilistisch ungewöhnlichen Roman, der den aktuellen Zeitgeist einfängt und dem Leser das Leben der beiden Protagonisten sehr glaubhaft und direkt vermitteln kann.
Fazit:
„Die Nacht ist für uns“ ist eine gelungene Fortsetzung von Julia E. Dietz‘ Debüt Glitzernde Nächte“. Erneut gelingt ihr ein gut geschriebener, authentischer Young Adult Roman, der durchaus auch für jugendliche Leser geeignet ist, zeitgleich aber auch Erwachsene anspricht, die gerne an ihre Jugend zurückdenken. Das Buch besticht durch authentische, glaubwürdige Charaktere, einen sehr direkten, unverblümten Stil und einer Dreiecksbeziehung, die gänzlich ohne Drama und Herzschmerz auskommt. Wer „Glitzernde Nächte“ mochte, sollte auf jeden Fall einen Blick riskieren, ebenso Leser*innen, die auf der Suche nach schwulen Geschichten sind, deren Schwerpunkt nicht auf Romanik und Erotik liegt. Zu empfehlen.