Autor*in: Adam Sass
Übersetzer*in: Hannah Revilo
Taschenbuch: 450 Seiten
ISBN: 978-3966987196
Preis: 9,99 EUR (eBook) / 16,99 EUR (Taschenbuch)
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Story:
Auf Drängen seines Freundes Ario hin, outet sich Connor bei seiner streng religiösen Mutter und hofft darauf, dass deren Liebe zu ihm stark genug ist. Doch statt Verständnis und Unterstützung, lässt seine Mutter ihn eines nachts auf eine Insel verschleppen, auf der Jugendliche jegliche homosexuelle Triebe ablegen und zu guten, „normalen“ Christen erzogen werden sollen. Für Connor ein Schock, insbesondere da der Reverend seiner Heimatstadt das Camp leitet. Statt sich anzupassen, beginnt er herumzuschnüffeln, denn kurz zuvor erhielt er die seltsame Botschaft eines alten, schwerkranken und inzwischen verstorbenen Mannes, der Connor um Hilfe bittet und vor Nightline, wie das Camp heißt, warnt …
Eigene Meinung:
Der Jugendthriller „Kein Paradies für Connor Major“ von Adam Sass erschien im September 2020 unter dem äußerst passenden Titel „Surrender your Sons“ in Amerika. Die Übersetzung kam im Herbst 2021 beim Second Chances Verlag heraus. Der Roman hat mehrere Jugendbuch-Preise gewonnen und steht auf einigen Bestenlisten. Zudem gibt es ein kurzes Prequel mit dem „The Search for Drew Schreiber“, in der es um die Suche nach dem bekannten Model Drew geht, der in „Kein Paradies für Connor Major“ eine wichtige Rolle spielt. Die Novelle ist kostenfrei in englischer Sprache auf Adam Sass‘ Homepage zu finden.
Die Geschichte setzt in Connors Leben kurz nach seinem Coming Out an – ohne Handy und die Möglichkeit, seine Freund*innen zu erreichen, sitzt er im Haus seiner Mutter fest – lediglich die regelmäßigen Fahrten als ehrenamtlicher Essenskurier bringen ein wenig Abwechslung mit sich. Mit seiner Mutter findet er keinerlei persönliche Ebene mehr, insbesondere da sich der örtliche Reverend Packard in alles einmischt, was Connor betrifft. Als er schließlich auf eine Insel vor Costa Rica verschleppt wird, werden seine schlimmsten Alpträume war. Er soll an einer Konversationstherapie teilnehmen und durch Beten , Kontrolle und Selbstbeherrschung auf den recte Weg zurückgeführt werden – wie viele andere Jungen (und Mädchen) vor ihm, besteht das Camp doch schon seit vielen Jahrzehnten.
Als Leser*in ist man hautnah dabei, wenn Connor die schrecklichen Wahrheiten rund um das Camp nach und nach aufdeckt und immer mehr darüber erfährt, was Nightline eigentlich ist und welch tiefe Abgründe das Camp eigentlich erst am Leben erhalten. Dabei bekommt man nur am Rande mit, was mit den Jugendlichen passiert und zu welchen Mitteln die selbsternannten Betreuer greifen – was auch daran liegt, dass sich die Handlung nur auf wenige Tage beschränkt – der Fokus liegt vielmehr auf das Finden der Wahrheit, die den ehemaligen Teilnehmer Ricky Hannigan umgibt, den Connor nur als schwerkranken, bettlägerigen Mann kennengelernt hat. Da Connor jemand ist, der nicht locker lässt und auch die anderen Camp-Insassen mitzureißen kann, entwickelt sich der Jugendthriller rasant weiter und es bleibt die ganze Zeit hindurch spannend. Es fällt schwer das Buch aus der Hand zu legen und klingt lange nach, da man sich vor Augen halten muss, dass solche Camps nicht der Fantasie des Autors entsprungen sind, sondern der bittere Realität sind.
Die Figuren sind sehr authentisch und gut nachvollziehbar – gerade Connor lernt man sehr gut kennen. Man erlebt seine Hilflosigkeit, Angst, Verzweiflung und Wut hautnah mit und ist dabei, wenn er sich Stück um Stück verändert und seine eigene Stärke findet. Dass er auf der Insel auch jemanden findet, der sein Herz berührt und sich im Laufe der Geschichte immer mehr die Frage stellen muss, ob sein Freund Ario wirklich er Richtige ist, ist für ein Jugendbuch dieser Art fast obligatorisch. Marcos ist in der Richtung der passendere Partner für Connor, hat er doch ähnlichen Hass erlebt, der fanatischem Glauben entspringt.
Auch die übrigen Charaktere sind sehr gut nachvollziehbar und authentisch beschrieben – sogar für Reverend Packard entwickelt man Verständnis, hat auch er in jungen Jahren ähnlichen Hass erleben müssen. Es ist gut, dass Adam Sass die Antagonisten nicht einfach böse macht, sondern jeder seine Gründe hat, auch wenn sie mitunter schwer zu verstehen sind.
Stilistisch legt Adam Sass ein sehr gutes, intensives Jugendbuch vor, das lange nachhallt und zum nachdenken anregt. Zu Beginn wirkt die Geschichte ein wenig verwirrend, da sie nicht kontinuierlich geschrieben ist, sondern in den Zeiten springt – was nicht unbedingt hätte sein müssen. Ein weiterer Punkt, der mich gestört hat, ist die Tatsache, dass der Autor die Aussprache zwischen Connor und seiner Mutter nicht aktiv beschreibt (für mich wäre gerade dieses Gespräch eines der wichtigsten Szenen des Buches gewesen), sondern ausbelendet und dann einen Zeitsprung setzt. Man erfährt zwar, was mit Connor passiert, aber irgendwie fühlt man sich doch um die Aussprache betrogen, die für alle wichtig gewesen wäre – für Connor und die Leser*innen.
Fazit:
„Kein Paradies für Connor Major“ ist ein spannender, tiefgründiger und nachdenklich stimmender Jugendthriller von Adam Sass, der durch sehr authentische Figuren und einem intensiven Schreibstil besticht. Das Buch ist keine leichte Kost für Zwischendurch – man sollte sich Zeit nehmen, es Ruhe zu lesen und sich im Anschluss Ruhe zum Nachdenken und Resümieren gönnen. Wer queere Jugendthriller mag, sollte auf jeden Fall einen Blick riskieren. Zu empfehlen …
Ein Gedanke zu „[ROMAN] Kein Paradies für Connor Major von Adam Sass“