Autor*in: Alice Oseman
Übersetzer*in: Vanessa Walder
Hardcover: 288 Seiten
ISBN: 978-3743209367
Preis: 12,99 EUR (eBook) / 15,00 EUR (Hardcover)
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Story:
Seit seinem Outing und einer unschönen Zeit des Mobbings weiß die ganze Schule, dass Charlie Spring schwul ist. Er hat einen festen Freundeskreis, der zu ihm hält und versucht die Sportskanonen und Klassenkameraden zu ignorieren, die noch immer Witze auf seine Kosten machen. Als ausgerechnet der Rugbystar der Schulmannschaft in einem der Kurse neben ihm platziert wird, ist Charlie skeptisch – Nick ist das genaue Gegenteil von ihm und mit Sicherheit hetero. Doch mit der Zeit entwickelt sich nicht nur eine intensive Freundschaft, Charlie verliebt sich in Nick und auch dieser scheint Interesse an seinem neuen besten Freund zu haben …
Eigene Meinung:
“Heartstopper” von Alice Oseman, die sich auch als Autorin von LGBT Jugendbüchern einen Namen gemacht hat, erschien ursprünglich als Webcomic und war ein Spin-Off ihres Romans “Solitaire”, in dem Charlie und Nick als Nebenfiguren auftraten. Der Comic entwickelte eine ungeahnte Popularität und erschien schließlich als gedruckte Ausgabe, die inzwischen vier Bände umfasst, ein finaler fünfter Band befindet sich in Arbeit. Die Reihe erhielt mehrere Lesepreise und Nominierungen, wurde in mehrere Sprachen übersetzt und erschien Anfang 2022 in Deutschland bei Graphix Loewe. Aufgrund der anhaltenden Popularität ist zudem eine Umsetzung als Netflix Serie geplant.
Die Geschichte konzentriert sich ganz auf Charlie und Nick, zwei gänzlich verschiedene Jugendliche, die nach und nach immer mehr Zeit miteinander verbringen. Alice Osemann lässt ihren Hauptfiguren genug Zeit, sich kennenzulernen und Gefühle füreinander zu entwickeln; gibt ihnen genug Raum sich zu entdecken und herauszufinden, wer sie wirklich sind. “Heartstopper” ist eine klassische Coming-of-Age-Geschichte, die insgesamt ist zuckersüß und romantisch daherkommt, ohne kitschig oder übertrieben zu wirken. Stattdessen ist sie lebensnah und authentisch. Sicherlich es werden fast keine schwergängigen Themen behandelt – selbst das Mobbing wird eher am Rande erwähnt und nur in kurzen Rückblenden dargestellt – aber das ist auch nicht notwendig. Man weiß, wie sehr Charlie darunter zu leiden hatte und kann sich denken, wie schwer es für ihn war, als seine Homosexualität das einzige Gesprächsthema war. Und auch die Tatsache, dass es noch immer Jungen an der Schule gibt, die ihn deswegen verbal angreifen und fertig machen, wird gezeigt – jedoch wird diesen Szenen nur wenig Platz gewährt, was einerseits schade ist, da hier viel Potenzial verschenkt wird, andererseits gar nicht so sehr stört, da die Autorin keine dramatische, traurige und schmerzliche Geschichte erzählen will, sondern den Fokus auf der wachsenden Freundschaft der beiden Jungen gelegt hat. Alice Oseman möchte eine einfühlsame, authentische Liebesgeschichte erzählen, die die Leser*innen glücklich macht und in der die Gefühlswelten von Charlie und Nick im Vordergrund stehen.
Die Figuren sind sympathisch und sehr angenehm beschrieben und dargestellt. Charlie ist intelligent, charmant, ein wenig nerdig und weiß, wo er steht. Nick ist sehr loyal, liebenswert und hat einen ausgeprägten Beschützerinstinkt. Er ist bei weitem nicht die arrogante Sportskanone, die auf Mitschüler*innen herabblickt oder sich etwas auf seine Fähigkeiten einbildet – er ist ungemein liebeswert und sympathisch. Man spürt sofort, dass die beiden gut zusammenpassen und miteinander harmonieren.
Auch die Nebenfiguren sind gut in Szene gesetzt, teils kann man sie aber nur schwer auseinander halten. Nick hat einen Freundeskreis, der nicht immer durch Sympathie und Offenheit punkten kann, Charlie wiederum umgibt sich mit Leuten, die ihm ähnlich sind und die auch Nick freundlich in ihre Mitte aufnehmen.
Die Zeichnungen sind Geschmackssache – sie wirken ein wenig skizzenhaft und schludrig (was einer der Gründe ist, warum man die Nebenfiguren dann doch nicht auseinanderhalten kann), doch mit der Zeit gewöhnt man sich an Alice Osemans Zeichenstil, in dem alles frei gestaltet wurde: Personen, Gegenstände, Hintergründe (man wird keine geraden Linien finden und keine aufwendig konzipierten Backgrounds). Allerdings passt diese lockerleichte, kritzelige Umsetzung zur Atmosphäre des Comics und zu der jugendlichen Hauptfiguren. Die Bilder transportieren sowohl Nicks und Charlies Gefühle und Emotionen als auch das beständige Auf und Ab ihrer wachsende Liebe zueinander. Und letztendlich ist dieser Punkt am Wichtigsten.
Die deutsche Ausgabe von Graphix Loewe ist rundum gelungen – “Heartstopper” kommt als stabiles, schön aufgemachtes Hardcover daher und kann qualitativ rundum überzeugen – man freut sich schon jetzt auf die Fortsetzung, die im Herbst 2022 erscheinen soll.
Fazit:
“Heartstopper” ist ein gelungener, einfühlsamer LGBT Comic, der durch sympathische Figuren und eine authentische Geschichte besticht, in der Probleme und Dramatik nur am Rande einen Platz haben. Alice Oseman legt ihren Fokus klar auf die Liebesgeschichte der beiden Hauptfiguren und lässt ihnen viel Zeit sich kennenzulernen. Dadurch verschenkt sie zwar einiges an Potenzial, doch es ist für die Leser*innen äußerst angenehm, sich einfach durch die Geschichte treiben zu lassen und Charlie und Nick auf ihrem Weg zu begleiten. Wen die skizzenhaften, manchmal flüchtig wirkenden Zeichnungen der Künstlerin nicht stören und wer süße Liebesgeschichten mag, sollte auf jeden Fall zugreifen. Es lohnt sich.