Autorin: Franz Orghandl
Illustratorin: Theresa Strozyk
Hardcover: 104 Seiten
ISBN:978-3954702312
Preis: 13,00 EUR (Hardcover)
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Story:
Leo ist einer großen Verwechslung auf die Spur gekommen – er ist eigentlich ein Mädchen namens Jennifer. Seine Eltern reagieren unterschiedlich auf Jennifers Ansage, fortan mit ihrem neuen Namen angesprochen zu werden und Kleider tragen zu wollen. Während gerade ihr Vater Probleme damit hat, reagieren ihre Freund*innen und Mitschüler*innen überraschend offen auf Jennifers Offenbarung. Für Jennifer beginnt eine Zeit, in der sie mal als Junge, mal als Mädchen lebt, um einerseits ihren Eltern gerecht zu werden, andererseits sich selbst nicht aus den Augen zu verlieren.
Eigene Meinung:
„Der Katze ist es ganz egal“ erschien im Februar 2020 bei Klett Kinderbuch und stammt der Wiener Autorin Franz Orghandl. Das Kinderbuch wird Kindern ab 9 Jahren empfohlen, widmet sich dem Thema Transgender und wurde mit dem Österreichischen Kinder- und Jugendbuchpreis 2021 ausgezeichnet. Die Illustrationen stammen von Theresa Strozyk.
Die Geschichte um Jennifer, die sich schon früh dem Problem stellen muss, ein Mädchen im Körper eines Jungen zu sein, erklärt das Thema Transgender kindgerecht, humorvoll und ohne erhobenen Zeigefinger. Man ist schnell in die Geschichte eingetaucht und begleitet Jennifer, die sich zunächst ihrer Familie offenbart und kurz darauf ihren Freund*innen. Dabei wird schnell klar, dass Kinder mit Jennifers Offenbarung keinerlei Probleme haben, sondern eher die Erwachsenen. Ihnen fällt es schwer über das Körperliche hinauszusehen und zu akzeptieren, dass Leo fortan Jennifer sein möchte. Sie sind es auch, die Jennifers innere Zerrissenheit am meisten befeuern, da sie sich zu Beginn entscheidet, ihren Eltern zuliebe Leo zu sein und sein wahres Ich beiseite zu schieben. Letztendlich sind es ihre Freund*innen, die ihr soweit den Rücken stärken, um zu sich selbst zu stehen. Sehr schön ist auch, dass mit Jennifers Freundin Anna auch einige Begrifflichkeiten zum Thema sehr sensibel und kindgerecht erklärt werden.
Sehr charmant, aber auch ein wenig gewöhnungsbedürftig ist das Wiener Flair, das sich durch die gesamte Geschichte zieht. So findet man viele Begrifflichkeiten und Redewendungen, die in Deutschland unbekannt sind. Glücklicherweise wurden diese Worte mit Seitenkommentaren und Randbemerkungen für das hiesige Publikum übersetzt, so dass man dennoch weiß, was gemeint ist.
Die Figuren sind sehr angenehm und sympathisch – insbesondere die Kinder. Jennifer ist ein starkes Kind, das trotz aller Probleme weiß, was es möchte und zunehmend an Selbstvertrauen und Sicherheit gewinnt. Ihre Freund*innen sind ebenfalls sympathisch, auch wenn ihr bester Freund Gabriel leider vorwiegend auf sein Gewicht und seine Essgewohnheiten reduziert wird. Sicherlich gibt es auch dicke Kinder, doch leider wird hier ein negatives Klischee bedient, das in einem solchen Kinderbuch nicht hätte sein müssen.
Die Erwachsenen sind zumeist ein wenig überspitzt dargestellt, passen jedoch gut zur Geschichte und haben alle ihren Part zu spielen, um Jennifer voran zu bringen.
Stilistisch legt die Autorin ein schönes, einfühlsames Kinderbuch vor, das durch eine witzige, kindgerechte Sprache im Wiener Flair besticht. Das ist teilweise ein wenig gewöhnungsbedürftig, macht jedoch Spaß und führt Kinder, nicht nur an das schwierige Thema Transgener heran, es zeigt auch, wie vielfältig Sprache sein kann. Die Illustrationen von Theresa Strozyk wirken etwas skizzenhaft, sind jedoch kindgerecht und passen sehr gut zu „Der Katze ist es ganz egal“.
Fazit:
„Der Katze ist es ganz egal“ ist ein gelungenes Kinderbuch für junger Leser*innen ab 9 Jahren. Die Wiener Autorin Franz Orghandl bringt Kindern das Thema Transgender sehr sensibel und gefühlvoll näher, ohne zu belehrend zu sein. Stattdessen punktet sie mit Humor, Offenheit und Wiener Charme. Zu empfehlen ist das gelungene queere Kinderbuch allen, die Kinder im passenden Alter haben und diese an das Thema heranführen wollen – „Der Katze ist es ganz egal“ bringt ein wenig Vielfalt ins Regal und sei auch erwachsenen Leser*innen ans Herz gelegt.
Wie schön, einen Blogbeitrag über eines meiner Lieblingskinderbücher zu lesen!
Der springende Punkt am “dicken Gabriel” ist, dass er einen Strauß an angeblich negativen Eigenschaften vereint und man als Erwachsener schnell darauf hineinfällt, zu denken, ihn schützen oder verteidigen zu müssen. Die Kinder hingegen nehmen ihn überhaupt nicht problematisch wahr und er selbst scheint auch keinerlei Zweifel daran zu haben, ein klasse Kerl zu sein – innerlich wie äußerlich, wohlgemerkt. Was an Jennifer also für den Leser begleitet wird, muss man beim “dicken Gabriel” selbst sehen – wie bei vielen anderen Figuren und Situationen des Buches. Ich persönlich finde es gut, dass die Autorin das so macht. Wir müssen akzeptieren lernen, dass Eigenschaften nicht schlecht sind, nur weil Gesellschaft und Zeitgeist es gerne behaupten wollen. Im Gegenteil! Genau das vermittelt auch dieses Buch, weit über die Transgenderthematik hinaus.
Hallo Maria,
sehr schön zusammengefasst – wahrscheinlich hast du recht und man sieht als Erwachsener Dinge und negative Einflüsse, obwohl da gar nichts da ist, bzw. Kinder das Ganze gar nicht als schlecht/negativ auffassen 🙂
Viele Grüße,
Juliane
Hey, großes Lob für solche Buchbesprechungen! Es gibt inzwischen einige (immer noch wenige) Bücher für Kinder, die queere Thematik beinhalten, aber dieses ist bisher das einzige, welches mich im literarischen Sinn beeindruckt hat. Ich würde meinen, was ich auch in anderen Diskussionen dazu gehört habe: Die Autorin vermeidet keine Klischees, sondern schwächt sie gezielt, indem sie selbst niemals einen Klischeeblick auf dieselben wirft. Ich finde das unglaublich kraftvoll, weil so nichts umschifft, vermieden oder künstlich beschönigt wird, sondern den Klischees die Macht genommen wird. Wenn es um Ausdrücke wie “dick” geht oder einen typischen Wiener Gassen-Nick-Name wie “der/die dicke Dies und Das”, etwas, das tatsächlich in der Realität vorkommt, finde ich es als dicker Mensch ehrlich gesagt heilsam, dass so etwas auch einmal aufgegriffen wird, sozusagen keine Angst davor gezeigt wird. Das problematische daran ist, wie wir alle wissen, das negativ behaftete Klischee am Dick-Sein. Mir gefällt, wenn darauf, noch einmal auf gut Wienerisch ausgedrückt, geschissen wird! Ich glaube, unser Umgang mit Thematiken zeigt oftmals zu viel Demut vor Instanzen, die keine sein sollten. Das finde ich an diesem Buch so gelungen – all das wird nicht nur in Frage gestellt, sondern hat gar nichts zu sagen. Eine kindliche Anarchie, die in Kinderbüchern lange gefehlt hat und und uns Erwachsenen ganz recht geschieht ;P
Besten Gruß aus Bregenz,
Helmuth