Autor: Amalia Zeichnerin
Taschenbuch: 124 Seiten
ISBN: 978-1980420484
Preis: 2,99 EUR (eBook) / 7,00 EUR (Taschenbuch)
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Story:
Florians Leben im London der 1820er Jahre ist nicht leicht – er ist schwul, liebt Blumen und Frauenkleider und genießt es in vollen Zügen hin und wieder in die Rolle der Flora zu schlüpfen. In einem Molly House trifft er auf Gleichgesinnte, doch jeder Abend birgt Gefahren, denn Homosexualität ist streng verboten. Aus diesem Grund verbietet er sich, mehr als Freundschaft zuzulassen, wenn er mit Gästen des Etablissements verkehrt. Das ändert sich, als er den verheirateten Terence kennenlernt, der aus den höchsten Kreisen der Londoner Gesellschaft kommt. Für beide ist eine nähere Bekanntschaft, wenn nicht Beziehung ein Wagnis, bei dem sie alles verlieren könnten …
Eigene Meinung:
Der Kurzroman „Ein Mann namens Flora“ erschien im Selbstverlag und wurde von Amalia Zeichnerin verfasst. Er gehört zu der Kurzromansammlung „Frei und doch verbunden“, in dem Flora erstmals in Erscheinung getreten ist. Die Bücher können getrennt voneinander gelesen werden, ergänzen sich jedoch perfekt.
Die Geschichte um Florian und Terence ist in sich stimmig und bietet einen guten Einstieg in das London des frühen 19. Jahrhunderts. Wie schon bei „Frei und doch verbunden“ liefert Amalia Zeichnerin ein solides, gut recherchiertes Werk, das Lust auf mehr macht. Sie fängt die Atmosphäre der damaligen Zeit gut ein, auch die Figuren handeln nachvollziehbar und glaubhaft. Hin und wieder hat man zwar den Eindruck ein bisschen zu viel Infodumping vorgesetzt zu bekommen (gerade wenn es um Erklärungen der Molly Houses und den dortigen „Ritualen“ geht), aber das hält sich zum Glück in Grenzen.
Inhaltlich hätte es allerdings durchaus mehr sein können. Die Geschichtet bietet nämlich Platz für mehr. Gerade zum Ende hin werden die Probleme fast zu schnell aus der Welt geschafft, insbesondere die Sache mit den Standesunterschieden und Terence Frau. Hier hätte man mehr auf die Probleme eingehen können, denn im Grunde werden alle Steine mit einem Schlag aus dem Weg geräumt. So schön das für die Figuren ist (und man als Leser den beiden ein Happy End wünscht), so unrealistisch ist es letztendlich.
Die Figuren sind authentisch und passen gut zur Geschichte. Es wird abwechselnd aus Florians und Terences Sicht erzählt, was es dem Leser ermöglicht beide Figuren gut kennenzulernen. Florian wächst dem Leser schnell ans Herz, gerade sein Alter Ego Flora ist sympathisch und zum Glück nicht ganz so übertrieben, wie die anderen „Damen“ des Molly Houses. Terence ist der typische Engländer – recht zugeknöpft und auf seinen Stand bedacht. Zum Glück entwickelt er im Laufe der Zeit mehr Mut, zu sich und Florian zu stehen.
Auch die Nebenfiguren können überzeugen – man kann sich sehr gut in Terence Frau und seinen Butler, aber auch in die Gäste des Molly Houses hineinversetzen. Sie alle hätten mehr Raum gebraucht, um sich richtig zu entfalten. Schön ist auch, dass Jay und Nicholas aus „Frei und doch verbunden“ einen kurzen Gastauftritt haben.
Stilistisch legt Amalia Zeichnerin solide, gut geschriebene Kost vor, die die Geschichte transportiert, die Atmosphäre der Zeit vermittelt und dem Leser die Figuren näherbringt. Man ist schnell in der Handlung und fiebert mit Florian und Terence mit. Allerdings entwickelt sich Flora immer wieder zu einem stilistischen Stolperstein, was den Leser öfters aus der Handlung wirft – ihre Passagen sind vorwiegend mit weiblichen Pronomen geschrieben, sprich wann immer Florian als Flora auftritt, nutzt die Autorin das sie als Pronom. Im Grunde ist das in Ordnung, allerdings vergisst sie öfters diese Form, so dass man ein munteres Durcheinander von er und sie / ihm und ihr hat. Das verwirrt mir der Zeit wirklich und erschwert das Lesen. Hier hätte ein gutes Korrektorat einige Fehlerchen ausmerzen können, gerade wenn es um die richtigen Pronomen geht.
Fazit:
„Ein Mann namens Flora“ ist ein schöner, historischer Kurzroman, der durch eine solide Handlung und authentische Charaktere besticht. Amalia Zeichnerin weiß, wie man historische Stoffe ausarbeitet und dem Leser das Zeitgefühl der jeweiligen Epochen näherbringt. Leider schwächelt die Geschichte zum Ende hin, da sich alles zu schnell fügt. Auch die wechselnden Pronomen, wenn es um Florian/Flora geht verwirren. Wer „Frei und doch verbunden“ mochte, dem wird auch dieser historische Kurzroman der Autorin gefallen. Am besten reinschauen.