Autor: Chris P. Rolls
Taschenbuch: 598 Seiten
ISBN-13: 978-1492940548
Preis: 16,99 EUR
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Story:
Den Wunsch nach Liebe und Geborgenheit muss der 20-jährige Alec Thyson teuer bezahlen – vier Monate lang wird er von dem psychisch gestörten Adrian Adson gefangen gehalten und missbraucht, bevor er während einer Razzia zufällig in der Villa des schwerreichen Unternehmers entdeckt wird. Fortan quälen ihn Angstzustände und Panikattacken, insbesondere da Adrian noch immer auf freiem Fuß ist. Mit Hilfe des Polizisten Mike, der ihn aus der Gefangenschaft befreite, kämpft er sich Stück für Stück ins Leben zurück und schnell entwickelt sich mehr zwischen den beiden.
Als Adrian schließlich festgenommen und zu einigen Jahren Haft verurteilt wird, glauben Alec und Mike das Schlimmste überstanden zu haben, doch die unheimliche Bedrohung und das Gefühl verfolgt zu werden, bleiben. Im Laufe der Zeit wird immer offensichtlicher, dass Adrian noch nicht aufgeben hat, insbesondere da sich hinter seiner Fixierung auf Alec mehr verbirgt, als es zu Beginn den Anschein hat.
Eigene Meinung:
Der Gay Thriller „Bodycaught“ stammt von der deutschen Autorin Chris P. Rolls, die Fans des Genres schon seit einer Weile ein Begriff ist, hat sie doch bereits mehrere Gay Romane veröffentlicht (u.a. die „Irgendwie“-Reihe, „Hard Skin“, „Pegasuscitar“). Gleichzeitig ist „Bodycaught“ mit fast 600 Seiten (über 900 beim eBook) das umfangreichste Werk der Autorin, wenngleich sie sich nur teilweise der Handlung mit Adrian Adson widmet und viel Zeit für die einzelnen Figuren aufwendet.
Dadurch ist das Buch inhaltlich nur bedingt ein Krimi/Thriller sondern geht fast eher in Richtung Soap Opera. Es gibt etliche Kapitel, in denen es nicht um den Fall Adrian Adson und die vielen Geheimnisse des Mannes geht der nicht nur wegen Entführung und Freiheitsberaubung angeklagt wird, sondern auch etlichen unseriösen Geschäften nachgeht. Leider wird dieser Punkt nicht weiter ausgeführt: die diesbezügliche Ermittlungsarbeit kommt recht schnell zum Erliegen und die Anklage wird fallen gelassen. Auch sonst dauert es eine gefühlte Ewigkeit, bis Adrians Beweggründe wirklich aufgeklärt werden, obwohl es durchaus genügend Hinweise gibt, die leider an den Charakteren vorbei gehen oder nicht beachtet werden. So finden Alec und Mike erst die Wahrheit heraus, als Adrian sie ihnen präsentiert, anstatt dass sie selbst aktiv danach suchen und auf eigene Faust nach den Umständen recherchieren. Stattdessen werden ganze Kapitel für Alecs Angstbewältigung, die Panikattacken und die aufkeimende Liebe zwischen den beiden aufgewendet. Das ist zwar nicht uninteressant und durchaus wichtig für die Charakterentwicklung, nimmt jedoch für einen Thriller zu viel Raum ein. Gerade im Mittelteil zieht sich „Bodycaught“ extrem in die Länge, da es sich mehr um die Beziehungskisten und die damit verbundenen Probleme dreht. Das schließt auch die Nebenfiguren mit ein, deren Hintergründe, Probleme und Liebesdramen ebenfalls einen großen Part des Romans einnehmen. Seien es Rick und Tom, Phil und Georg – sie sind liebenswert und sympathisch, nehmen jedoch den Schwung aus der Handlung.
Dementsprechend kommen Thrillerfans an dieser Stelle kaum auf ihre Kosten – lediglich der Anfang und das Ende sind spanend und fesselnd, den Mittelteil hätte man locker um die Hälfte küren können, ohne etwas zu vermissen.
Dafür sind die Charaktere sehr gut und intensiv ausgearbeitet. Man lernt sowohl Alec und Mika, als auch die Freunde der beiden sehr gut kennen und weiß die unterschiedlichen Figuren bald sehr zu schätzen. Seien es die riesenhafte, gemütlichen Biker Georg und Phil, der Ex-Junkie Tom oder der sehr feminine Ricky – der Roman besticht durch eine Fülle interessanter Charaktere, die mitunter den beiden Hauptfiguren den Rang ablaufen. Gerade Tom und Rick sind fast interessanter, ihre Beziehung spannender, als die eigentliche Rahmenhandlung. Ob das gut oder schlecht ist, mag jeder selbst entscheiden, doch grade im Mittelteil ändert sich die Gewichtung immer wieder.
Ansonsten sind Alec und Mike sympathische Figuren, mit denen man sich gut identifizieren kann. In einigen Szenen ist Alec ein bisschen weinerlich, wenngleich man seine Gefühle verstehen kann. Er entwickelt erst am Ende wahre Stärke und wächst über sich hinaus. Sein Partner Mike ist ebenfalls interessant in Szene gesetzt, allerdings entscheidet legt seine Heterosexualität zu schnell ab. Dass er sich in Alec verliebt ist nicht einmal das Problem – die Bedingungslosigkeit seiner Gefühle schon eher. Er wird nicht wirklich in ein Gefühlschaos gestürzt, findet sich zu schnell damit ab urplötzlich einen Mann zu lieben und spricht bereits binnen weniger Kapitel von ewiger Liebe. Dies wirkt dann doch ein wenig unrealistisch, da es nur schwer nachvollziehbar ist.
Stilistisch liefert Chris P. Rolls solide Kost, die sehr gut zu unterhalten weiß. Sie hat einen sehr schönen Schreibstil, ein Händchen für ihre Charaktere und dafür das Innenleben ihrer Figuren zu umschreiben. Man lernt sowohl Mike, als auch Alec sehr gut kennen, leidet mit ihnen und versteht (mit Ausnahme von Mikes plötzlicher Homosexualität), was in den Protagonisten vor sich geht. Das liegt vor allem daran, dass die Autorin in der Perspektive zwischen Alec und Mike wechselt, beide Charaktere intensiv beleuchtet und ihre Gefühle mitunter über mehrere Seiten offenlegt. Dadurch baut der Leser eine tiefe Beziehung zu den Charakteren auf und erlebt die Ereignisse hautnah.
Auch die Actionszenen sind gut umschrieben und lesen sich sehr schnell und zügig, so dass man „Bodycaught“ gerade auf den letzten 100 Seiten kaum aus der Hand legen kann.
Fazit:
„Bodycaught“ ist ein gut geschriebener Gay Romance von Chris P. Rolls, der sich vorwiegend auf die Figuren und deren Gefühle und Liebeskisten konzentriert. Wer einen spannenden Thriller erwartet, ist hier leider an der falschen Adresse – so interessant die Grundlagen auch sind, sie gehen in den langen Soap-Passagen im Mittelteil unter, in dem es fast ausschließlich um die Probleme der Haupt- und Nebencharaktere geht. Mitunter ist das interessant, Alecs Angstbewältigung sogar wichtig, aber es ist einfach zu viel des Guten. Das Streichen einiger Passagen und generelles Kürzen hätten „Bodycaught“ gut getan, ebenso das Konzentrieren auf den eigentlichen Kriminalfall. Schade –hier wurde einiges an Potenzial verschenkt.
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