Autor*in: Patrick Ness
Übersetzer*in: Petra Koob-Pawis
Hardcover: 400 Seiten
ISBN: 978-3570166635
Preis: 12,99 EUR (eBook) / 20,00 EUR (Hardcover)
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Story:
Seit Sarah denken kann, leben in ihrer Welt Drachen. Es herrscht ein brüchiger Frieden zwischen ihnen und den Menschen, teils werden sie sogar als Hilfsarbeiter eingesetzt. So heuert ihr Vater eines Tages den blauen Drache Kasimir an, um ein Stück Land für neue Felder zu roden. Während Sarah von dem Drachen fasziniert ist und dieser erwähnt, dass das Mädchen laut einer uralten Prophezeiung eine wichtige Rolle spielt, wird ein junge Attentäter, der sich Malcolm nennt, auf den Weg in Sarahs Stadt geschickt, um sie zu töten. Doch hinter der Prophezeiung versteckt sich mehr, als es auf den ersten Blick scheint und schon bald wird allen klar, dass es nicht nur darum geht einen Krieg zu verhindern …
Eigene Meinung:
Mit „Burn – Die Welt brennt wie Feuer“ legt Patrick Ness ein fantastisches Jugendbuch vor, das 2021 in englischer Sprache erschien und im März 2023 in Deutschland auf den Markt kam. Die Geschichte ist in sich abgeschlossen, bietet aber durchaus Potenzial für eine Fortsetzung – auch wenn diesbezüglich noch nichts angekündigt wurde. Wie für Patrick Ness üblich spielen auch queere Figuren eine Rolle.
Die Geschichte spielt in den 50er Jahren einer Welt, die unserer sehr ähnlich ist, wenn man von der Existenz von Drachen einmal absieht. Es herrscht Kalter Krieg, farbige Menschen und solche, die nicht dem amerikanischen Bild (asiatischstämmige, homosexuelle Menschen etc.) entsprechen, werden kritisch beäugt, teils auch offen angefeindet. Somit lebt Sarah, die aus der Verbindung eines weißen Mannes und einer farbigen Frau stammt immer am Rande der Gesellschaft, ebenso ihr japanischer Freund Jason. Auch Malcolm, der nur für seinen Auftrag, das Mädchen aus der Prophezeiung zu töten, lebt, muss erkennen, dass ihm und seinen Gefühlen für Nelson nur wenig Sympathie entgegengebracht wird, denn Homosexualität wird in dieser Zeit verteufelt. Patrick Ness lässt sich viel Zeit, um die Figuren und die Hintergründe zu den Drachen vorzustellen, ebenso erfährt man viel die Glaubenden, einer Sekte, die Drachen verehrt und sie für die überlegene Rasse hält. Aus diesem Grund läuft die erste Hälfte des Buches auch recht gemächlich ab, denn bis auf Malcolms Weg in die kleine amerikanische Stadt und Sarahs Leben auf der Farm, passiert nicht sonderlich viel. Sicherlich haben beide mit Problemen zu kämpfen, doch viel Action und Dynamik darf man als Leser*in nicht erwarten. Erst nach der ersten großen Wendung der Geschichte nimmt die Handlung an Fahrt auf und zeigt eine äußerst komplexe, gut durchdachte Grundidee. Die Prophezeiung, die natürlich unterschiedlich gelesen und gedeutet werden kann, spielt eine größere Rolle und zeigt (wie es sich für eine gute Prophezeiung gehört) erst zum Ende hin, was genau gemeint ist und das viele Dinge falsch interpretiert wurden. Gerade der zweite Teil des Buches macht viel wett und sorgt für spannende und überraschende Momente.
Die Figuren sind zwar realistisch und gut in Szene gesetzt, können aber nicht immer überzeugen. So gut man einige Aspekte und Handlungen nachvollziehen kann, so seltsam reagieren sie auf andere Dinge. Das sorgt dafür, dass sie manchmal ein wenig ungreifbar wirken und man nicht immer nachvollziehen kann, warum sie tun, was sie tun. Das fällt insbesondere bei Malcolm auf und seinem Wunsch Nelson zu retten. Man hat den Eindruck nicht immer nah bei den Figuren zu sein, sondern sie eher aus sicherer Entfernung zu beobachten, weswegen sie einem bis zu einem gewissen Grad fremd bleiben.
Stilistisch legt Patrick Ness eine gewöhnungsbedürftige Geschichte vor, die zwar gut und mitreißend geschrieben, aber durch viele Perspektivwechsel unterbrochen wird. So schön es ist, in verschiedene Figuren einzutauchen, hier hat der Autor es übertrieben. Auf den knapp 400 Seiten hat man 10-12 verschiedene Figuren, die zu Wort kommen, teils springt in einem Kapitel die Perspektive jede Seite und reißt die Leser*innen von einer Handlung in die andere (und zurück). Sicherlich kann man mit solchen Perspektivwechseln Spannung erzeugen, Patrick Ness hat es jedoch übertreiben und sorgt dafür, dass man genervt ist, weil man immer wieder aus der Handlung herausgerissen wird. Das ist sehr schade, da der Autor ansonsten weiß, wie man schreibt, spannende Dialoge erschafft und eine gut durchdachte, schöne Hintergrundidee hat.
Fazit:
„Burn – Die Welt brennt wie Feuer“ ist ein solides, fantastisches Jugendbuch, das durch eine tolle Grundidee, eine interessante Geschichte und realistische Figuren besticht. Die erste Hälfte des Buches wirkt ein wenig langatmig, da sich der Autor viel Zeit lässt, seine Figuren vorzustellen und die Hintergrundwelt zu erklären, doch wenn man Geduld hat und die vielen Perspektivwechsel durchhält, bekommt man eine schöne, in sich abgeschlossene Geschichte geboten, die durchaus Platz für mehr lässt. Wer Drachen, alte Prophezeiungen und eine queere Liebesgeschichte mag, sollte einen Blick riskieren – letztendlich hält Patrick Ness auch dieses Mal, was er verspricht: ein ungewöhnliches Abenteuer abseits vom Mainstream.