[ROMAN] Das verborgene Zimmer von Thornhill Hall von Christian Handel

Autor*in: Christian Handel
Hardcover: 384 Seiten
ISBN: 978-3764171223
Preis: 15,99 EUR (eBook) / 20,00 EUR (Hardcover)
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Story:
Die Tatsache, dass seine Mutter ihn als Kind im Stich gelassen hat, um Bühnendarstellerin zu werden, hat Colin nie überwunden. Umso weniger angetan ist er davon, die Sommerzeit bei ihr, ihrem neuen Ehemann Wallace und seiner zweijährigen Halbschwester auf Thornhill Hall zu verbringen. Dennoch folgt er der Einladung, kommt jedoch gar nicht dazu, sich mit seiner Mutter auseinanderzusetzen, denn als ihn jemand die Treppe hinunterstößt und er stirbt, kommt er unerwartet als Geist wieder zu sich. Die übrigen Geister des Hauses klären ihn über seine Möglichkeiten auf – eine davon bedeutet, ins Leben zurückzukehren, wenn er binnen drei Tagen das verborgene Zimmer findet und hindurch schreitet. Colin ist fest entschlossen, es zu versuchen du bekommt dabei Unterstützung von Teddy, der ihn nicht nur sehen kann, sondern für den Colin bald mehr empfindet …

Eigene Meinung:
Mit „Das verborgene Zimmer von Thornhill Hall“ legt Christian Handel ein weiteres queeres Jugendbuch im Ueberreuter Verlag vor. Der Roman erschien im Hardcover Format und erzählt auf knapp 400 Seiten die Geschichte von Colins Suche nach einem Weg zurück ins Leben, seinen aufkeimenden Gefühlen zu Teddy und von den Hintergründen des Hauses und seiner Familie.

Die Geschichte spielt Ende des 19. Jahrhunderts und wirkt überraschenderweise von der Atmosphäre her eher jugendlich frisch, als altbacken und streng. Wer historische Romane mag, sollte diese im Hinterkopf behalten, denn im Grunde hätte die Geschichte auch in der heutigen Zeit spielen können, ohne etwas von ihrem Zauber zu verlieren. Christian Handel legt Wert auf seine Figuren und nimmt sich gerade am Anfang viel Zeit Colins innere Zerrissenheit und die Gefühle zu seiner Mutter zu beschreiben. In die Geschichte verwebt er verschiedene Elemente – einen Hauch Krimi durch Colins Tod, die Geisterwelt inklusive Seelenfresser bringen ein wenig Fantasy in die Handlung und die Liebesgeschichte zwischen Colin und Teddy sorgt für eine ordentliche Portion Romantik. All diese Punkte sorgen für eine spannende Geschichte, die jugendliche Leser*innen durchaus zu fesseln weiß. Nichtsdestotrotz dauert es, bis die Handlung an Fahrt aufnimmt und ein wenig Spannung aufkommt, was daran liegt, dass man nie das Gefühl hat, dass Colin unter Zeitdruck steht – vielmehr scheint er eine Menge Zeit zu haben, um verschiedene (wenngleich interessante) Dinge in Erfahrung zu bringen. Die Suche nach dem Zimmer tritt dadurch sehr oft in den Hintergrund, vielmehr stehen die Beziehung zu seiner Mutter, die Hintergründe der anderen Geister oder Colins wachsenden Gefühle für Teddy im Zentrum. Die Liebesgeschichte selbst ist angenehm leicht und unaufdringlich eingearbeitet, auch wenn sie einander recht schnell näherkommen.
Das große Finale und die Aufklärung ist Geschmackssache – insgesamt passen die Erklärungen, dennoch hat man das Gefühl, das etwas fehlt. Und so schön es letztendlich ist, dass Colin und Teddy einander finden, so unrealistisch ist es, dass in dieser Zeit jeder die Beziehung der beiden akzeptiert und ihnen nur wenig Steine in den Weg gelegt werden (man denke nur an die Oscar Wilde Prozesse, die für Colin nur zwei Jahre zurückliegen).

Die Figuren sind sympathisch – seien es die lebenden Menschen, die in Thornhill Hall leben, oder die Geister, die an das alte Herrenhaus gebunden sind. Colin macht im Laufe er Geschichte eine gute Entwicklung durch – fort vom arroganten, mussmutigen Lord hin zu einem mitfühlenden jungen Mann, der lernt, dass jeder Mensch Gründe für seine Taten hat. Christian Handel ist es gelungen, ihn glaubhaft weiterzuentwickeln, auch wenn er als Geist zu schnell akzeptiert, dass es in der Welt der Toten keine Rangordnung mehr gibt und er ohne Widerspruch mitarbeitet. Seine Gegenpart Teddy bleibt im Vergleich dazu fast ein wenig blass, ist aber dennoch sympathisch. Man hätte sich dennoch gewünscht, mehr über den jungen Mann zu erfahren, den Colin für sich gewinnt.
Die übrigen Geister und auch die Lebenden des Haushaltes können ebenfalls überzeugen – jede*r von ihnen hat eigene Probleme und Päckchen zu tragen, angefangen bei Colins Mutter, ihrem neuen Mann und all den Bediensteten. Es macht Spaß sie kennenzulernen.

Stilistisch legt Christian Handel einen Roman mit einer lockerleichten, jugendlichen Sprache vor, der sich zwar gut lese lässt, jedoch nur bedingt die Atmosphäre des ausgehenden 19. Jahrhunderts vermitteln kann. Im Grunde hat man die meiste Zeit den Eindruck, ein Buch zu lesen, das in der heutigen Zeit spielt, was an den lockeren Dialogen und den Beschreibungen liegt. Das ist grundsätzlich nicht verkehrt – gerade was die Zielgruppe ab 14 Jahren betrifft – Fans historischer Romane könnten jedoch enttäuscht sein. Nichtsdestotrotz macht die Mischung aus Krimi, Fantasy und queerer Romantik Spaß und sorgt für vergnügliche Lesestunden.

Fazit:
„Das verborgene Zimmer von Thornhill Hall“ ist ein schönes, lockerleichtes Jugendbuch, das durch sympathische Figuren, einer spannenden Geschichte zwischen Leben und Tod, und einer gut nachvollziehbaren, queeren Liebesgeschichte besticht. Christian Handel präsentiert eine gelungene Mischung aus Krimi, Fantasy und Romantik, wenngleich der historische Aspekt nicht ganz überzeugen kann – hier mangelt es an der Atmosphäre für die Zeit. Auch die Auflösung der Geschichte und das Ende der Geschichte sind Geschmackssache, passen jedoch zur Handlung. Wer queere Jugendbücher mit einem Hauch Krimi und magischer Geisterwelt mag, sollte auf jeden Fall einen Blick riskieren. Zu empfehlen.

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