Autor: Nicole Gozdek
Hardcover: 336 Seiten
ISBN: 978-3-492-70438-0
Preis: 12,99 EUR (eBook) / 16,00 EUR (Hardcover)
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Story:
Mit Hilfe ihrer Wahrheitsmagie und ihres Partners Londurs schlägt sich Anderta Passario als Diebin, Erpresserin und Betrügerin durchs Leben. Sie ist zufrieden damit, beständig auf Reisen zu sein und in der Welt herumzukommen. Das ändert sich jedoch eines Tages urplötzlich, denn statt Londurs liegt ein fremdes Kind in ihrem Bett – für sie vollkommen falsch, da Kinder abseits der Gesellschaft in Schulen als Nummern großgezogen werden, bis sie ihren wahren Namen erfahren und damit ihre eigene Namensmagie entfalten. Als sie bemerkt, dass sich die gesamte Welt verändert hat und nur sie weiß, wie es eigentlich sein sollte, macht sie sich auf die Suche nach dem Schuldigen, denn sie sehnt sich nach der Wirklichkeit zurück, die sie kennt. Unweigerlich stößt sie auch Tirasan Passario, ihren Bruder, der bereits an den Folgen seines Machtausbruchs zu knabbern hat. Zudem spinnen düstere Gestalten im Hintergrund ihre Intrigen, in die Anderta und ihre Freunde sich immer tiefer verstricken …
Eigene Meinung:
Mit „Die Magie der Lüge“ führt Nicole Gozdek die Geschichte aus ihrem preisgekrönten Debüt „Die Magie der Namen“ fort und beantwortet etliche Fragen, die im ersten Band der Reihe nicht oder nur unzureichend beantwortet wurden. Die Geschichte wird dieses Mal allerdings nicht aus Tirasans Sicht geschildert, stattdessen werden mit Anderta und ihren Freunden neue Figuren eingeführt, die ihre eigene Geschichte zu erzählen haben. Tirasan und Rustan tauchen natürlich ebenfalls auf, bleiben jedoch eher im Hintergrund.
Die Handlung setzt ungefähr zeitgleich zu den Ereignissen aus „Die Magie der Namen“ an – der Leser lernt Anderta, ihren Partner und ihr Leben als Diebin und Betrügerin kennen und begleitet sie auf ihren Reisen durch die Welt. Dank der Beschreibungen erinnert man sich schnell an die Zusammenhänge und Hintergründe der Geschichte und ist gespannt, wie die Autorin die offenen Punkte – gerade die Beziehung zwischen Tirasan und Rustan – aufklärt. Das erschwert jedoch den Zugang zu Anderta, da man auf Tirasan und Rustan wartet, die im ersten Band die Hauptfiguren waren. Dementsprechend zieht sich der Anfang des Buches in die Länge und man ist fast erleichtert, als sich endlich die Realität ändert und Anderta sich mit der neuen Wirklichkeit auseinandersetzen muss. Als schließlich Tirasan und Rustan zur Gruppe stoßen und zwangsweise zu Verbündeten werden, da Andertas Sohn Sanjan entführt wird, nimmt die Handlung endlich an Fahrt auf.
Die Geschichte an sich ist durchaus spannend, kann jedoch nicht so sehr fesseln wie in Band 1, in welchem die Namensmagie etwas erfrischend Neues und Ungewohntes war und die Intrigen wesentlich besser in Szene gesetzt waren. Auch die Tatsache, dass das Beziehungsgeflecht der Charaktere ein wenig konstruiert wirkt, erschwert das Lesen ein wenig, zumal Tirasan und sein bester Freund Rustan der eigentlichen Hauptfigur immer wieder den Rang ablaufen. Es wäre besser gewesen, auch dieses Buch aus Tirasans Sicht zu erzählen, da man ihn kennt und sowohl seine Gefühle als auch sein innerer Konflikt wesentlich spannender sind als Andertas, deren einziger Beweggrund ist, die andere Realität zurückzuholen, und die sich wenig um die anderen und deren Meinungen schert.
Das ist auch der Grund, weswegen man mit ihr als Hauptfigur am Anfang Probleme hat: Sie ist sehr egoistisch und nicht unbedingt ein Sympathieträger. Im Gegensatz dazu ist Londurs eine angenehm vielschichtige Figur. Er hat mit den Vorurteilen der Menschen zu kämpfen und will sich nicht dem beugen, was ihm aufgrund seiner Namendynastie auferlegt wird. Andertas ehemaliger Geliebter Frislan bleibt leider recht blass, ebenso Sanjan, der durchaus Potenzial für mehr in sich gehabt hat – aber da er noch ein Kind ist, ist das verständlich.
Tirasan und Rustan spielen nach dem ersten Drittel eine große Rolle, auch auf ihre Beziehung wird viel wert gelegt. Damit gleicht die Autorin auch das unschöne Ende des ersten Bandes aus, in welchem Tirasan die Gefühle seines Freundes Rustans manipuliert und dafür sorgt, dass dieser seine Liebe zu Tirasan vergisst – was vielen Lesern aufgrund des homophoben Untertons unangenehm auffiel. Allein aus diesem Grund wäre es jedoch besser gewesen, denselben Handlungsträger wie im ersten Band zu wählen.
Stilistisch legt Nicole Gozdek ein einfaches, aber gut geschriebenes Buch vor, in das man schnell eintaucht, das aber durchaus mehr Beschreibungen und Konsistenz hätte vertragen können. Es handelt sich immerhin um eine Fantasywelt, und eine solche lebt von ausführlichen Beschreibungen und Details, um eine passende Atmosphäre zu erschaffen. So toll die Idee mit der Namensmagie ist, die Welt sollte aus mehr bestehen als den Namensdynastien, dessen Vertretern und den damit verbundenen Stärken und Schwächen. So bleiben die Darstellungen der Landschaft und der Dörfer und Städte sehr vage, die darin lebenden Menschen eher schablonenhaft. Es fehlt die Lebendigkeit, die eine Fantasywelt haben sollte. Zudem sollte man sich nicht zu sehr an der beiliegenden Karte orientieren, da diese den Leser mitunter verwirrt, wenn Wege beschrieben werden. Nichtsdestotrotz werden Figuren und ihre Gedanken und Gefühle gut dargestellt, auch die Dialoge sind passend und stimmungsvoll. Wer leichte Lektüre und einen sehr auf die Figuren ausgerichteten Schreibstil mag, dem wird „Die Magie der Lüge“ gefallen.
Fazit:
Der zweite Teil kann inhaltlich leider nicht ganz überzeugen und kommt schwächer daher als Nicole Gozdeks Debüt „Die Magie der Namen“. Das liegt vor allem daran, dass mit Anderta eine schwierige Hauptfigur eingeführt wird, die nicht ansatzweise so sympathisch ist wie Tirasan. Auch die Geschichte wirkt an einigen Stellen stark konstruiert, dafür greift die Autorin die Beziehung zwischen Tirasan und Rustan auf und führt dieses zentrale Handlungselement zu einem zufriedenstellenden Ende. Dennoch hätte man mehr aus der Grundidee machen können – „Die Magie der Lüge“ hatte Potenzial nach oben. Wer den ersten Band bereits mochte und wer wissen will wie die Geschichte weitergeht, wird dennoch nicht an „Die Magie der Lüge“ vorbeikommen. Nicole Gozdek bietet auf jeden Fall angenehme Lesestunden und Antworten auf einige Fragen …
Hallo Juliane,
ich habe in den letzten Tagen sowohl “Die Magie der Namen”, als auch “Die Magie der Lüge” gelesen und musste dann gleich bei dir stöbern, weil ich mich noch sehr gut an deinen Post zum Ende des ersten Bands erinnern konnte.
Was Anderta angeht, stimme ich dir zu. Ich fand sie ebenfalls nicht wirklich sympathisch und ja, ziemlich egoistisch. Außerdem habe ich die Dreiecksgeschichte zwischen Frisan und Londurs nicht gemocht, weil ich generell mit Dreiecken nichts anfangen kann.
Was Londurs angeht, bin ich nicht deiner Meinung. Auch ihn fand ich nicht sonderlich sympathisch, aber den Punkt mit den Vorurteilen, denen er sich ausgesetzt sieht und den du ja auch angesprochen hast, fand ich sehr gut. Mich hat allerdings genervt, dass permanent dicke Luft zwischen den Charakteren herrscht. Anderta ist genervt, dass Illie und Sanjan ihre Beziehung stören und beide dauernd quasseln. Londurs ist von Sanjan genervt, weil er ein Kind ist. Sanjan ist genervt, weil Londurs ihn nicht mag. Frisan und Londurs mögen sich gegenseitig nicht, weil sie beide Interesse an Anderta haben. Rustan mag Anderta nicht, weil sie Tirasan entführt hat. Anderta mag Tirasan nicht, weil er ihre Wirklichkeit genommen hat usw. usw. Das war mir viel zu anstrengend.
Liebe Grüße
Julia