[ROMAN] Ein Flüstern im Wind von Greg Howard

Autor: Greg Howard
Hardcover: 304 Seiten
ISBN: 978-3-423-64072-5
Preis: 12,99 EUR (eBook) | 14,95 EUR (Hardcover)
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Story:
Vier Monate ist es her seitdem Rileys Mutter von Unbekannten entführt wurde und seitdem nicht wieder aufgetaucht ist. Vier Monate, in denen sich alles geändert hat – Rileys Verhältnis zu seinem Vater und seinem Bruder, Rileys Vertrauen in die Polizei, die noch immer keine Spur hat. Schließlich bleibt ihm nichts anderes übrig, als selbst auf die Suche zu gehen. Dabei erhofft er sich Hilfe von den Flüsterern, sagenhaften Gestalten, die das Wissen des Universums besitzen und von denen ihm seine Mutter erzählt hat. Tatsächlich glaubt er ihre Stimmen im Wind zu hören und macht sich eines Tages mit seinem besten Freund und dessen Bruder auf den Weg in die Wälder, um die Wahrheit der Flüsterer und die seiner Mutter zu ergründen.

Eigene Meinung:
Mit „Ein Flüstern im Wind“ präsentiert Greg Howard sein erstes queeres Kinderbuch, gleichzeitig ist es der erste Romane, der von dem amerikanischen Autor in Deutschland erschienen ist. Das Buch um Verlust und Trauer, Familie und Freundschaft basiert auf sehr persönlichen Erlebnissen des Autors, wie besonders im Nachwort deutlich wird, deswegen sollte man unbedingt die persönlichen Gedanken des Autors zur Geschichte lesen. Es ist eines der wenigen LGBT-Kinderbücher ab 10, das einen queeren Helden ins Zentrum stellt.

Die Geschichte setzt vier Monate nach dem Verschwinden von Rileys Mutter an und entführt den Leser in das kleine Städtchen, in dem Riley mit seiner Familie und seinem Hund Tucker lebt. Riley ist ein schüchterner, sensibler Junge, der nicht nur extrem an seiner Mutter gehangen hat, sondern auch verschiedene „Probleme“ mit sich herumträgt, u. a. die Tatsache, dass er Jungs generell interessanter findet als Mädchen und schon lange für Dylan Mathews schwärmt, der mit seinem Vater jenseits der Maisfelder lebt. Der Umstand, dass er schwul ist und die meisten in der Stadt darüber Bescheid wissen, wir im Laufe der Geschichte sehr deutlich und trägt die Geschichte ein Stück weit. Der fantastische Aspekt wird durch die sagenhaften Flüsterer eingewoben, die in Rileys Welt immer präsent sind und auf die er all seine Hoffnungen setzt. Dass Rileys Welt im Grunde gänzlich anders ist, wird erst zum Ende der Geschichte klar, als Greg Howard die Hintergründe offenbart und aufzeigt, mit welchen Problemen Riley wirklich zu kämpfen hat. Spätestens dann fühlt man sich als Leser an da grandiose Jugendbuch „Sieben Minuten nach Mitternacht“ erinnert – in positiver Weise.  Greg Howard ist ein Kinderbuch gelungen, das lange nachhallt, insbesondere wenn man das Nachwort gelesen hat. Es gibt dem Buch eine zusätzliche, sehr emotionale Ebene, die zum Nachdenken anregt und einen nicht loslässt. Hinsichtlich der Altersgruppe müsste man ganz klar schauen, ob jüngere Kinder mit der recht komplexen Geschichte zurechtkommen, denn der Autor fordert schon einiges von seinen jungen Leser*innen. Nichtsdestotrotz ist „Ein Flüstern im Wind“ durchaus für Kinder ab 10 geeignet, wenn sie gerne zu einem Buch greifen und geübte Leser*innen sind (oder wenn sie die Geschichte von Riley gemeinsam mit ihren Eltern oder Geschwistern entdecken).

Die Figuren, gerade Riley und seine Familie, wirken sehr authentisch und realistisch – man kann sich sofort mit dem jungen Helden identifizieren und erlebt die Ereignisse mit ihm gemeinsam. Zu Beginn mag es etwas befremdlich sein, dass Riley bereits in so jungen Jahren weiß, was er will und in welche Richtung seine Gefühle gehen, aber nicht jede*r entdeckt seine Sexualität erst in der Pubertät. Auch sein bester Freund Gary ist toll umschrieben und passt sehr gut zur Geschichte, ebenso Dylan Mathews, dem der Autor eine größere Rolle in der Geschichte zugedacht hat und der trotz seines Alters von 13 sehr erwachsen handelt und wirkt.
Die Erwachsenen wirken im ersten Teil des Buches ein wenig seltsam, teils durchaus unsympathisch, doch zum Ende hin versteht man, warum sie handeln, wie sie handeln und dass gerade Rileys Vater mit den Ereignissen zu kämpfen hat.

Stilistisch gibt es nichts zu bemängeln – Greg Howard hat einen sehr flüssigen, stimmungsvollen Stil, der zur Geschichte passt und die Ereignisse kindgerecht erzählt. „Ein Flüstern im Wind“ ist komplett aus Rileys Sicht geschrieben, man ist von Anfang an bei ihm, erfährt mit welchen Problemen er zu kämpfen hat und welche Gedanken und Gefühle ihn beschäftigen. Der Leser lernt ihn sehr gut kennen, ebenso seine Freunde und als treuen Begleiter seinen Hund Tucker, der ihm nicht von der Seite weicht und sein beständiger Beschützer ist.

Fazit:
Greg Howard legt mit „Ein Flüstern im Wind“ ein gelungenes Kinderbuch vor, das durch eine tolle Geschichte, sehr authentischen, liebenswerten Figuren und einer überraschenden Wendung am Schluss besticht. Man fiebert mit Riley mit und durchlebt mit ihm alle Emotionen von Freude und Glück, über Liebe hin zu Trauer und Verlust. Die Tatsache, dass Riley homosexuell ist, wird durchweg positiv gewertet und macht den Roman zu einem der wenigen Kinderbücher für Leser*innen ab 10, in denen man einem queeren Helden begegnet. Allein aus diesem Grund sollte man dieses Buch (vor)lesen und verschenken. Bleibt zu hoffen, dass weitere Bücher von Greg Howard nach Deutschland kommen und dass es in Zukunft weitere queere Kinderbücher auf dem deutschen Buchmarkt gibt. Bis dahin sollte man „Ein Flüstern im Wind“ lesen – es ist eines meiner Buchhighlights 2020.

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