Autor*in: Tania Witte
Taschenbuch: 272 Seiten
ISBN: 978-3401606842
Preis: 11,99 EUR (eBook) / 15,00 EUR (Taschenbuch)
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Story:
In Pauls Leben läuft alles schief – unglücklich in seine beste Freundin verliebt, die seine Gefühle niemals erwidern kann und als Leadsänger einer Rockband, die weit von dem entfernt ist, was er als Musik wirklich machen will, erfährt er auch noch, dass seine Mutter nicht seine leibliche Mutter ist. Angetrieben von dem Wunsch mehr herauszufinden, begibt er sich auf die Suche, nicht nur nach seiner Vergangenheit, sondern auch nach sich selbst. Denn zwischen der Hoffnung, seine beste Freundin doch noch zu gewinnen und herauszufinden, warum seine Mutter gegangen ist, ist er auf de Suche nach seiner eigenen Stimme und dem Weg im Leben, der ihm richtig erscheint …
Eigene Meinung:
Mit dem Coming-of-Age Jugendbuch „Einfach nur Paul“ legt die vielfach ausgezeichnete Autorin Tania Witte ihren neuen Roman im Arena Verlag vor. Auf knapp 300 Seiten behandelt sie verschiedene, wichtige Themen, darunter auch diverse queere wie Asexualität/Aromantik und Transidentität, ohne den Schwerpunkt darauf zu legen. Das Hauptaugenmerk bleibt bei Paul und den klassischen Themen des Heranwachsens: Wer bin ich, was macht mich glücklich und welchen Weg möchte ich zukünftig einschlagen.
Die Geschichte entführt die Leser*innen direkt in Pauls Leben, in dem einiges in Schieflage geraten ist und mit dem er spürbar zu kämpfen hat. Seine große Liebe kann Pauls Gefühle nicht erwidern, die Band, der er nur wegen seiner Liebe zu seiner besten Freundin Amira angehört, macht ihn von Probe zu Probe unglücklicher und die Beziehung zu seinem Vater könnte schlechter nicht sein, den die beiden scheint nichts zu verbinden. Die klassischen, jugendlichen Probleme, von dem man weiß, dass sie dazu beitragen, die Hauptfigur voran zu bringen und seinen eigenen Weg zu finden. Die Tatsache, dass seine Schwester bei einem Test seiner Blutgruppe herausfindet, dass seine Mutter nicht seine leibliche ist, bringt schließlich den Stein ins Rollen und sorgt dafür, dass Paul sich endlich mit seinem Leben auseinandersetzt, während er nach seiner Vergangenheit sucht.
Tania Witte legt ein klassisches Jugendbuch vor, dass Themen behandelt, die für Jugendliche immer präsent sind – Selbstfindung, Identität, Akzeptanz, Familienzugehörigkeit und Liebe. Die Geschichte ist sehr authentisch und realistisch gehalten, entsprechende moderne, zeitgenössische Elemente sind gut in die Geschichte eingewoben und bilden den passenden Rahmen um jugendliche Leser*innen abzuholen. Sehr schön sind auch die queeren Elemente eingewoben – gerade das Thema Asexualität und Aromantik wird gut und glaubhaft eingebaut, das Thema Transgender/Transidentität kommt erst am Ende des Buches zum Tragen. Das ist gleichzeitig auch das einzige Manko an „Einfach nur Paul“ – zum Ende hin wird es recht hektisch und endet nach der großen Enthüllung zu abrupt. Hier hätte man dem Thema, das Pauls Leben doch gravierend über den Haufen wirft, ruhig noch einige Kapitel Platz einräumen können, anstatt auszublenden und den Rest in einem Epilog zusammen zu fassen. Dadurch geht viel Potenzial, aber auch Emotionen und Gefühle verloren.
Die Figuren sind sehr realistisch und authentisch gestaltet, so dass man sie sehr gut nachvollziehen kann. Paul ist ein sympathischer Charakter, der aus nachvollziehbaren Gründen mit seinem Leben und auch mit seiner eigenen Identität zu kämpfen hat. Er reift sichtlich im Laufe der Geschichte, was für einen Coming-of-Age Roman essentiell wichtig ist. Auch die übrigen Figuren sind gut umgesetzt, allen voran seine beste Freundin Amira und seine jüngere Schwester Linn, die ihm auf seiner Suche nach der Wahrheit unterstützen. Die übrigen Figuren bleiben leider ein wenig blass, da sie nur selten aktiv in Erscheinung treten und sich eher im Hintergrund halten. Das ist schade, aber bei knapp 280 Seiten hat scheinbar der Platz gefehlt.
Stilistisch legt Tania Witte ein solides, sehr gut geschriebenes, zeitgemäßes Jugendbuch vor, dass durch realistische Figuren, eine authentische Handlung und entsprechend gut nachvollziehbare Dialoge besticht. Die Autorin hat ein Händchen für jugendliche Figuren, die ansprechend und glaubhaft in Szene gesetzt werden. Es ist bewundernswert, wie viele schwierige Themen auf den knapp 280 Seiten angesprochen und behandelt werden. Leider wirken einige Szenen rückblickend recht nüchtern, fast schon emotionslos und zum Ende hin wird die Geschichte leider zu überstürzt abgehandelt – 50 Seiten mehr hätten de Buch und den Figuren, allen voran Paul, sehr gut getan.
Fazit:
„Einfach nur Paul“ ist ein gelungenes Coming-of-Age Jugendbuch, das durch authentische, sympathische Figuren, eine solide, realistische Handlung und einen guten, zeitgemäßen Schreibstil besticht. Tania Witte spricht eine Fülle wichtiger Themen an – einige werden tiefgängiger behandelt, einige leider etwas oberflächlich – die viel Stoff zum Nachdenken und Diskutieren bieten. Bis auf das abrupte Ende bietet „Einfach nur Paul“ alles, was man sich von einem klassischen Jugendbuch wünscht – Selbstfindung, Identität, Akzeptanz, Familienzugehörigkeit und Liebe, und einen jugendlichen Erzähler, der herausfinden will, wer er eigentlich ist.