[ROMAN] Erhebung von Stephen King


Autor: Stephen King
Hardcover: 144 Seiten
ISBN: 978-3453272026
Preis: 9,99 EUR (eBook) | 12,00 EUR (Hardcover)
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Story:
Der geschiedene, übergewichtige Designer Scott Carey lebt ein angenehmes, aber einfaches Leben in Castle Rock und hat nur zwei Probleme – die Hunde des neu zugezogenen, gleichgeschlechtlichen Frauenpärchens verrichten ihr Geschäft mit Vorliebe auf seinem Rasen und seit einigen Wochen verliert er unerklärlicherweise an Körpergewicht, ohne dass man ihm eine Änderung ansieht und ohne dass er sich auf Diät gesetzt hat oder vermehrt Sport treibt. Selbst zusätzliche Gewichte haben auf das Ergebnis keinen Einfluss – ob Hanteln oder Münzen: alles, was er bei sich trägt wird scheinbar gewichtslos. Anstatt den Kopf in den Sand zu stecken, beschließt er sein Leben zu genießen und dem Frauenpärchen zu helfen, die bei der konservativen Bevölkerung der Stadt einen schlechten Stand haben. Das ist jedoch nicht einfach, denn die stolze Deidre hält wenig von ihm und macht es ihm nicht leicht, Frieden und Freundschaft zu schließen.

Eigene Meinung:
Der Kurzroman von Stephen King erinnert ein wenig an „Thinner“, in dem der übergewichtige Protagonist durch einen Fluch ebenfalls Gewicht verliert, wenngleich man ihm die Änderung ansieht. Nichtsdestotrotz hat „Erhebung“ einen ganz anderen Grundtenor, denn der Autor schlägt erstmals überraschend politische Töne an und rückt erstmals queere Figuren in den (positiven) Mittelpunkt.

Die Geschichte spielt im konservativen, republikanisch geprägten Castle Rock, das King-Fans nicht unbekannt ist, da dort bereits etliche (Kurz)Romane spielen. Wie zu erwarten ist die Bevölkerung des kleinen Städtchens nicht begeistert, ein lesbisches Pärchen in ihren Reihen zu wissen, insbesondere eines, das verheiratet ist. Dementsprechend schlecht läuft das Restaurant der beiden Frauen, denn sie werden größtenteils gemieden, obwohl das Essen ausgezeichnet ist. Deidre und ihre Frau Missy haben es nicht einfach, beißen sich jedoch durch. Letztendlich beschließt Scott etwas gegen die Engstirnigkeit und Ungerechtigkeit zu unternehmen – insbesondere nachdem er den Tratsch der übrigen Bewohner mitbekommt. Darüber gerät sein eigenes Problem mit dem Gewichtsverlust fast in den Hintergrund – dem Leser ist daher schnell klar, dass Stephen King die Ursachen der Ereignisse nicht aufklärt, sondern offenlässt.
Der Autor legt einen sehr gesellschaftskritischen Roman vor, der nicht an Seitenhieben auf die trump‘sche Regierung spart und in dem er sich erstmals für die LGBT-Gemeinschaft einsetzt. Zwar geht zum Ende hin alles ein wenig schnell und das Umdenken der Bewohner von Castle Rocke wirkt nur bedingt nachvollziehbar, doch letztendlich zählt die Botschaft.

Die Figuren sind sehr lebendig und gut nachvollziehbar – trotz der Kürze der Geschichte lernt man sie gut kennen. Scott Carey ist ein herzensguter Mensch, der vieles hinter sich lässt, während er immer leichter wird. Letztendlich verliert er mit jedem Kilo seine Scheu und bricht aus seinem lähmenden Trott aus, was der Hauptgrund für seine Entscheidung ist, etwas für das Pärchen zu tun. Er lässt sich nicht unterkriegen, obwohl er weiß, dass sein Ende unausweichlich näher kommt. Deidre und Missy sind sympathisch und grundverschieden – währende Deidre willensstark und stur ist, sich nichts verbieten lässt und offen zu sich und ihrer Frau steht, ist Missy ruhiger und zurückhaltender. Leider bleiben die beiden ein wenig blass, da man die beiden nur am Rande kennenlernt. Auch Scotts Freund Bob und dessen Frau treten nur am Rande in Erscheinung – aber bei einem Kurzroman von knapp 150 Seiten ist das nicht ungewöhnlich.

Stilistisch gibt es nichts zu bemängeln – Stephen King hat einen soliden, mitreißenden Schreibstil, der den Leser sofort mitzieht. Man ist schnell in der Geschichte und kann sie nur schwer aus der Hand legen, zumal ein Nachmittag reicht, um „Erhebung“ zu lesen. Seine Beschreibungen sind stimmig und einfühlsam, die Dialoge lebendig und die Figuren nachvollziehbar. Man merkt dem Kurzroman die Erfahrung des Autors an – er weiß, wie man Kritik wohldosiert platziert, wie man ein Happy End strickt ohne ins Kitschige abzurutschen und wie man eine Botschaft so verpackt, dass sie beim Leser ankommt.

Fazit:
„Erhebung“ ist ein gelungener Kurzroman von Stephen King, der mit einer wichtigen Botschaft daherkommt und diese mit einer interessanten, übernatürlich angehauchten Rahmenhandlung verknüpft. Er erschafft interessante, liebenswerte Figuren und überzeugt mit einem soliden, sehr stimmungsvollen Schreibstil. Wer die Bücher des Autors mag, wird um „Erhebung“ nicht vorbei kommen, ebenso wenig Leser, die Geschichten mit lesbischen Figuren und tiefgängiger Botschaft mögen. Zu empfehlen.

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