Autor: Helga F. / Sabine Weigand
Hardcover: 288 Seiten
ISBN: 978-3810525253
Preis: 16,99 EUR (eBook) / 18,99 EUR (Hardcover)
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Inhalt:
Bereits in jungen Jahren weiß der 1931 geborene Hermann, dass etwas mit ihm nicht stimmt – er fühlt sich fremd in seinem Körper und will lieber ein Mädchen sein. Da es so etwas in dieser Zeit nicht geben darf, versucht er ein „normales“ Leben als Ehemann und Vater zu führen. Doch der Drang nach Frauenkleidern und die Sehnsucht nach dem Leben einer Frau wird immer größer und mündet letztendlich in einem Selbstmordversuch, den er nur knapp überlebt. IN der Klinik erfährt er endlich, dass es für seinen Zustand einen Namen gibt – Transsexualität und dass in Casablanca geschlechtsanpassende Operationen durchgeführt werden können. Nachdem er sich gegenüber seiner Familie geoutet hat und Geld für die Teuer Operation gespart hat, wagt er den gefährlichen Schritt um endlich eine vollwertige Frau zu werden. Doch damit beginnen neue Probleme, denn das zweite Leben als Helga ist nicht unbedingt einfacher …
Eigene Meinung:
Der autobiografische Roman „Helga: Als es noch keine Worte dafür gab – Mein Weg vom Mann zur Frau“ erschien im Fischer Verlag. Die bemerkenswerte Geschichte von Helga F. wurde von Sabine Weigand niedergeschrieben, die vor allem durch ihre historischen Romane bekannt geworden ist.
Begleitet von mehreren Fotografien wird die bewegende Lebensgeschichte von Helga F. erzählt, die bereits Ende der 60er Jahre den Schritt einer geschlechtsanpassenden Operation wagte. Sie erzählt nicht nur von ihrer schweren und brutalen Kindheit und Jugend, die sie bei einer lieblosen Ziehmutter verbracht hat, sondern auch von ihrem Leben als Ehemann und ihren beiden Söhnen. Eine der wichtigsten Personen ihres Lebens war ihre Ehefrau Edith, die wie ein Fels in der Brandung wirkt und Hermann/Helga nie im Stich gelassen hat – für diese Frau kann man nur höchsten Respekt empfinden. Man erhält ein sehr authentisches Portrait einer Zeit, in der queere Identität und Selbstbestimmung keine große Rolle spielten und Menschen wie Helga mit vielen Vorurteilen konfrontiert waren. Es ist bewundernswert, wie sie ihr Leben gemeistert hat und trotz diverser Rückschläge an ihrem Teil festgehalten hat. Der Roman ist gerade für Menschen geeignet, die mit dem Thema bisher kaum in Berührung kamen oder die Hintergründe nicht nachvollziehen konnte (bzw. Transsexuelle als abartig oder seltsam empfunden haben), denn man kann die Beweggründe und Gedanken von Helga sehr gut nachvollziehen. Man spürt die Verzweiflung und den Schmerz, mit dem Helga tagtäglich zu kämpfen hatte, als sie noch ein Mann war, versteht erstmals wirklich, was es bedeutet im falschen Körper zu leben.
Aber auch für Transsexuelle ist dieses Buch lohnenswert, erzählt es doch das Leben einer Wegbereiterin und Kämpferin, die als eine der ersten den Schritt wagte sich operieren zu lassen. Zudem macht das Buch Mut und zeigt Wege auf, wie man mit dem Problem im falschen Körper geboren zu sein, umgehen kann.
Stilistisch passt sich die Autorin Sabine Weigand der Erzählung Helgas an. Der leicht fränkische Akzent und die vielen alten, vergessenen Wörter machen die Lebensgeschichte noch lebendiger und lassen den Leser tief in die Ereignisse eintauchen. Man ist Helga auf ungeahnte Art und Weise nahe, kann sich gut in sie hineinversetzen und versteht die Nachkriegszeit besser. Zu Beginn mag der akzentuierte Schreibstil ein wenig gewöhnungsbedürftig sein, doch mit der Zeit kommt der Leser mit Helgas Erzählweise klar. Sehr schön ist auch die Begriffserklärung für einige alte, fränkische Wörter, die man nicht kennt.
Fazit:
Ein wundervolles, mutiges, berührendes und lebensbejahendes Buch, das man unbedingt lesen sollte, wenn man sich mit dem Thema Transsexualität auseinandersetzt. Die Geschichte von Helga F. geht ans Herz und lässt einen nicht mehr los. Sabine Weigand bringt ein faszinierendes Leben zu Papier und gewährt Einblicke in eine Zeit, in der es schwer war anders zu sein. Danke an Helga F. für den Einblick in ein Leben, das heute kaum noch vorstellbar ist und das sie auf eine Art und Weise gemeistert hat, die jeden erreichen und beflügeln sollte. Unbedingt zu empfehlen.
Das Buch klingt interessant, danke für die Rezension.
Es ist aber ziemlich verwirrend, dass Helga im ersten Teil der Rezension als “er” bezeichnet wird. Der Punkt bei der
Geschichte ist doch gerade, dass das von ihr verlangte “Mannsein” für Helga falsch ist. Auch schon lange bevor sie auch nur von der Möglichkeit einer geschlechtsangleichenden Operation wusste.
Deine Verwirrung ist verständlich aber diese Grätsche im Kopf und vor allem in der Seele ist Kern des Problems, um nicht zu sagen das eigentliche Problem. Wir sind männlich oder weiblich sozialisiert. Ist das eigene Empfinden inkongruent, wird man pathologisiert, obwohl es für uns Betroffene Normalität ist.Immerhin hat inzwischen auch die WHO erkannt, daß Transsexualität keine Krankheit ist.