Autor: Stephan Klemann
Taschenbuch: 178 Seiten
ISBN: 978-3902885548
Preis: 6,49 EUR (eBook) | 12,60 EUR (Taschenbuch)
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Inhalt:
Als sich der 18-jährige Student Rashno eingesteht, homosexuell zu sein und sich seinem besten Freund Hamid offenbart, ahnt er nicht, welch schwerwiegende Folgen dieses Geständnis mit sich bringt. Dass Hamid ebenfalls schwul und sogar in ihn verliebt ist, ändert wenig an der Gefahr, die die brutale, religionsfanatische Regierung des Irans verkörpert. Folterung und Hinrichtung drohen Homosexuellen, die vom Staat erwischt werden. Ein Versteckspiel beginnt, dass schon bald endet, als Rashnos Familie ihm seine zukünftige Ehefrau präsentiert. Rashnos Weigerung und sein ungewolltes Outing bringen nicht nur ihn ins Gefängnis, sondern auch Hamid, dem man wesentlich schlimmer mitspielt. Als Rashno gebrochen und gedemütigt freigelassen wird, steht für ihn fest, dass er im Iran nicht bleiben kann …
Eigene Meinung:
Mit „Lavat“ (Begriff aus dem iranischen Gesetzbuch: Geschlechtsverkehr zwischen Männern))von Stephan Klemann legt der Homo Literra Verlag ein sehr düsteres, mitunter auch brutales Werk vor, das in vielen Punkten anders ist, als die üblichen Gay Romane. Das ist durchaus positiv zu sehen, wagt sich der Autor doch an ein brisantes, oftmals vergessenes Thema – der Verfolgung und Hinrichtung von Homosexuellen in anderen Ländern.
Inhaltlich ist der Roman in zwei Teile untergliedert: Iran und Deutschland. Der erste Part ist wesentlich umfangreicher und schildert Rashnos Erlebnisse im Iran, seine geheime Beziehung zu Hamid und die brutal-fanatischen Reaktionen seiner Familie auf Rashnos ungewolltes Coming-Out. In diesem Abschnitt wird dem Leser einiges abverlangt, denn der Autor nimmt kein Blatt vor den Mund. Mit brachialer Genauigkeit schildert er, wie Rashno von seinem Vater und Brüdern verprügelt wird, wie es ihm im Gefängnis ergeht und was mit seinem Freund Hamid passiert. Dieser Teil von „Lavat“ ist nichts für zarte Gemüter, wenngleich sich hier einige kleinere Ungenauigkeiten bei den Beschreibungen einschleichen. Doch darüber kann man durchaus hinwegsehen, da der Rest spannend, packend und sehr realistisch beschrieben ist.
Der zweite Teil der Geschichte spielt in Deutschland und begleitet Rashno auf seinem Weg in ein neues Leben. Hierbei geht Stephan Klemann erneut ins Detail – Rashnos Asylantrag, seine ersten Tag in einer vollkommen neuen Welt und die Ängste, dass seine Familie doch noch auftaucht, um ihn zurück zu bringen. Auch findet er in Jan eine neue Liebe, wenngleich dies dem Leser fast ein wenig schnell geht. Es wäre schön gewesen, wenn sich der Autor auch mit diesem Teil mehr Zeit gelassen hätte – es läuft fast zu glatt für Rashno. Man hätte mehr in die Tiefe gehen können – auch psychisch (immerhin hinterlässt solch ein schreckliches Erlebnis garantiert ein Trauma)– um Rashno besser zu beleuchten. Leider wird hier deutlich gespart, was schade ist.
Die Charaktere sind gut umgesetzt und wachsen dem Leser mit jeder Seite ans Herz. Insbesondere Rashno, Hamid und später auch Jan sind sympathische Figuren, mit denen man mitfiebert- und leidet. Allerdings mangelt es doch immer wieder an emotionalem Tiefgang –man erlebt die tragischen Ereignisse mit, doch es fällt ein wenig schwer, sich richtig in Rashno hineinzudenken. Stephan Klemann beschreibt durchaus Rashnos Empfindungen, seine Ängste und Sorgen, doch nicht immer kommen diese Punkte auch beim Leser an. Das fällt besonders stark beim Part in Deutschland auf, wo alles ein wenig zu schnell geht, wenngleich man Rashno natürlich sein Glück gönnt. Trotz des kleinen Kritikpunktes sind die Figuren gut ausgearbeitet, handeln logisch und sind in sich stimmig.
Dafür kann „Lavat“ stilistisch punkten. Stephan Klemann hat einen sehr schönen, flüssigen, detailreichen Schreibstil. Er nimmt kein Blatt vor den Mund, beschreibt sehr genau, was mit Hamid und Rashno passiert und wie extrem die Regierung des Iran gegen Homosexuelle vorgeht. Hierbei ist offensichtlich, dass der Autor genau recherchiert und sich mit der Materie beschäftigt hat. So lässt er immer wieder sprachliche Begriffe einfließen und beschreibt die Stadt Teheran sehr bildhaft.
Auch die Tatsache, dass sich Stephan Klemann mit erotischen Szenen zurückhält und diese bestenfalls andeutet, wirken sich positiv auf das Gesamtbild aus – in einem solchen Buch würde zu viel Erotik nicht passen. Es ist gut, dass der Autor seinen Schwerpunkt auf die Handlung legt und die Liebesgeschichte nur am Rand vorantreibt.
Fazit:
„Lavat“ ist ein schön geschriebener, fesselnder, aber auch brutaler Roman, der vor Augen führt, was oftmals vergessen wird. Stephan Klemann hat sich an ein schwieriges Thema gewagt und es überzeugend und sensibel umgesetzt. Über kleinere Schwächen kann man hinwegsehen, da die Gesamtheit stimmt und den Leser nachdenklich zurücklässt. Wer ernste Gay Lektüre sucht, die ohne viel Erotik auskommt, dafür aber mit einem ernsten, teils erschreckenden Thema aufwartet und kein Problem mit der (im Iran gängigen) Brutalität hat, ist bei „Lavat“ an der richtigen Adresse – es hätte zwar tiefgründiger sein können, doch insgesamt liefert Stephan Klemann ein beachtliches Werk. Zu empfehlen.
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