Autor*in: William Hussey
Übersetzer*in: Alexandra Rak
Taschenbuch: 320 Seiten
ISBN: 978-3423740807
Preis: 12,99 EUR (eBook) / 15,00 EUR (Taschenbuch)
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Story:
Ein Autounfall zerstört Dylans Träume sich mit seiner großen Liebe Ellis eine gemeinsame Zukunft aufzubauen – während Dylan aus dem Wrack gezogen wird, das in einen See gerollt ist, kommt für Ellis jede Hilfe zu spät. Dylan will dies nicht einfach hinnehmen, er ist sich sicher, dass sein Retter Ellis absichtlich ertrinken ließ. Gemeinsam mit seinem besten Freund begibt er sich auf die Suche nach der Wahrheit, denn nicht nur der Unfall wirft Fragen auf – wer hat das junge Paar mit einem kompromittierenden Video zwangsgeoutet? Warum hat sich Ellis an Weihnachten von Dylan zurückgezogen? Und wer schickt Dylan nach Ellis Tod dessen Zeichnungen, die Wahrheiten offenbaren, die Dylan nicht erwartet hat.
Eigene Meinung:
Mit dem Jugendbuch „Letztendlich waren wir auch nur verliebt“ legt der dtv Verlag den ersten Roman des preisgekrönten, britischen Autors William Hussey vor, der es sich zur Aufgabe gemacht hat mit Jugendlichen über LGBTIQA* Themen zu sprechen. Die Geschichte um Dylan und Ellis erinnert ein wenig an Adam Silveras „Was mir von dir bleibt“, in dem es ebenfalls darum geht, mit dem Verlust des Partners umzugehen. Neben „Letztendlich waren wir auch nur verliebt“ ist von William Hussey auch „The Outrage“ auf dem englischsprachigen Markt erhältlich – ob das Buch ebenfalls übersetzt wird, ist unklar.
Die Geschichte um Dylan und Ellis beginnt wie viele Jugendbücher enden – mit einem Auftritt auf dem jährlichen Schulball als Paar. Alles wirkt wie das perfekte Ende, Dylan hatte sein Coming-Out vor seiner Familie und die beiden sind glücklich. Das ändert sich, als Ellis Stimmung umschlägt und er kurz darauf bei einem Autounfall stirbt, während Dylan von einem Unbekannten aus dem Fahrzeug gerettet wird. Dylan begibt sich auf die Suche nach der Wahrheit, denn nicht nur die Frage nach dem Unfall treibt ihn an. Die Leser*innen begleiten ihn auf seiner Suche, die mehr und mehr wie ein großes Puzzle anmutet, das immer mehr Details offenbart – zu vielen Dinge, die Ellis seinem Freund verschwiegen hat.
Die Geschichte greift wechseln die Gegenwart nach dem Unfall auf, zeigt aber auch, was in der Vergangenheit der beiden Jungs Monate zuvor passiert ist – wie sie sich kennenlernten, wie lange es dauerte, bis der schüchterne Dylan auf Ellis‘ Avancen eingestiegen ist und welche Ängste und Sorgen ihn begleiteten, als Ellis für eine Woche von der Bildfläche verschwand. William Hussey gelingt es beide Handlungsfäden spannend und packend zu beschreiben – die Passagen aus der Vergangenheit sind geprägt von der Leichtigkeit der ersten Liebe, den damit einhergehenden Unsicherheiten, wie man sich outet und überschäumenden Gefühlen; die gegenwärtigen Passagen wirken düsterer und bis zu einem gewissen Grad mysteriöser. Es dauert ein wenig, bis man mit Dylan mitfiebert und sich von dem aufkommenden Kriminalfall um Ellis mitreißen lässt, doch spätestens wenn die ersten Zeichnungen aus Ellis‘ Skizzenbuch bei Dylan eintreffen, kann man das Buch nur schwer aus der Hand legen. Der Autor greift viele ernste Themen auf, die zum Nachdenken anregen – Zwangsouting, Homophobie, Toleranz und Akzeptanz, soziale Stände und einige andere Themen, die viel Stoff für Diskussionen bieten. Zum Glück gelingt es dem Autor allen Themen einen entsprechenden Tiefgang zu verleihen und sie sensibel in die Handlung einzubetten, so dass nichts aufgezwungen oder überflüssig wirkt. Es ist ein Kunststück so viele teils ernste, teils leichtere Themen anzusprechen und miteinander zu verbinden, ohne eine Geschichte zu überfrachten.
Die Figuren sind authentisch und sehr gut gezeichnet – Dylan lernt man als unsicheren, nerdigen Jugendlichen kennen, der kaum Freunde hat und dem es erst an Ellis Seite gelingt, aus dem Schatten herauszutreten. Er findet im Laufe der Geschichte immer mehr Mut, wächst an den Dingen, de er herausfindet und findet zu sich selbst. Ellis lernt man bereits als sehr starken Jugendlichen kennen, der genau weiß, was er will und wie er sein möchte – er zeigt offen wie er ist, ganz gleich ob er damit aneckt oder nicht. Er ist eine schillernde Figur, bei der man sehr gut nachvollziehen kann, warum Dylan sich so sehr verliebt hat. Die übrigen Figuren, allen voran Dylans bester Freund Mike, der gegen Leukämie kämpfen muss, sind sehr gut in Szene gesetzt.
Stilistisch legt William Hussey einen spannend geschriebenen Roman vor, er teils Liebesgeschichte, teils Krimi ist. Die Balance zwischen beiden Genres gelingt ihm hervorragend, da man sowohl die wachsende Liebe zwischen Dylan und Ellis miterleben kann, als auch bei Dylans Recherchen hautnah dabei ist, wenn es darum geht die Hintergründe und Geheimnisse des Todes seiner großen Liebe aufzudecken. William Hussey hat einen sehr eindringlichen Schreibstil, der durch tolle Dialoge und Beschreibungen besticht und bei dem man teils auch zwischen den Zeilen lesen muss, um einige Untertöne mitzubekommen.
Fazit:
„Letztendlich waren wir auch nur verliebt“ ist ein sehr intensives, bewegendes Jugendbuch, das durch einen spannenden, abwechslungsreichen Mix aus Liebesgeschichte und Krimi, authentischen Figuren und einem fesselnden Schreibstil besticht. William Hussey legt ein beeindruckendes Buch vor, in dem sein Hauptcharakter nicht nur über sich hinauswachsen kann, sondern sich auch vielen ernsten Themen stellen darf – Coming-Out, Homophobie, Konflikte mit der Familie und die Frage, was Toleranz/Akzeptanz überhaupt bedeutet. Dem Autor gelingt es mitzureißen, zu berühren und zum Nachdenken anzuregen. Wer realistische Jugendbücher mit ernstem Grundton mag, sollte auf jeden Fall einen Blick riskieren. Zu empfehlen.
Freut mich sehr, dass dich der Roman so sehr begeistert hat wie mich beim Übersetzen! Und das ich Williams tolle Geschichte ins Deutsche transportieren konnte. Deswegen bitte bei den bibliografischen Angaben auch die Übersetzer:innen nennen. Wir machen den deutschsprachigen Leser:innen die Texte zugänglich. #namethetranslator
Hallo Alexandra,
vielen Dank für deinen kritischen Hinweis – du hast natürlich vollkommen recht damit, dass auch Übersetzer*innen genannt werden. Das war mir bisher nur am Rande bewusst, aber es ist natürlich eine wichtige Forderung. Ich werde ab sofort auch die Übersetzer*innen aufführen und schaue mal, ob ich sie bei alten Rezensionen noch ergänze. Vielen Dank auf jeden Fall für den Kommentar 🙂
Viele Grüße,
Juliane