Autor: Lynn Flewelling
Taschenbuch: 432 Seiten
ISBN-13: 978-0345522313
Preis: 6,17 EUR (eBook) | 6,49 EUR (Taschenbuch)
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Story:
Die bespukte Insel Kouros, fällt nach dem Sieg Skalas über Plenimar an das skalanische Königshaus zurück und ein entsandter Gouverneur soll den alten Palast der Insel für die Königin vorbereiten. Allerdings kommt es schon bald zu einem blutigen Zwischenfall, als der Abgesandte und seine Frau förmlich zerfetzt werden. Die Inselbewohner sprechen von Geistern; Königin Elani entsendet ihre Tante Klia, sowie den Magier Thero und die Nightrunner Seregil, Alec und Micum nach Kouros, um die Vorfälle zu untersuchen.
Doch die Gruppe stolpert nicht nur über Geister, Legenden und sonderbare Vorfälle, sondern stößt auch auf ein dunkles Geheimnis, das fast ein Jahrtausend zurückliegt. Ein Dyrmagnos namens Rhazat, eine extrem mächtige, nahezu unbesiegbare Necromantin, wurde mitsamt einer Stadt auf eine andere Ebene verbannt, und droht sich erneut Zugang in die reale Welt zu verschaffen. Dafür entführt sie Klia, die Einzige, die das alte Siegel endgültig brechen kann und lediglich Alec und Mika, Theros junger Lehrling, sind in der Lage in die Ebene der Verbannten zu wechseln. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt, in der sich die Vorfälle zu wiederholen scheinen, die einst Nysander das leben kosteten …
Eigene Meinung:
Mit „Shards of Time“ beendet Lynn Flewelling vorerst ihre Nightrunner-Serie. Im Nachwort machte die Autorin deutlich, dass sie in absehbarer Zukunft keine weiteren Romane zu der Serie plane, die sie Anfang der 80er Jahre entwarf und deren erster Band „Luck in the Shadows“ 1996 erschien. Lediglich Kurzgeschichten könnten folgen, doch auch hier drückt sich Lynn Flewelling eher vage aus.
Für ihr großes Finale geht Lynn Flewelling noch einmal in die Vollen und entspinnt ein sehr schönes, spannendes und actiongeladenes Abenteuer, dem es sogar gelingt den Bogen zu den ersten beiden Bänden zu schlagen und auf angenehme Art und Weise an den Anfang der Reihe zu entsinnen. Einmal mehr müssen sich Seregil, Alec und Co einem Dyrmagnos stellen, dieses Mal baut Lynn Flewelling die Geschichte jedoch gänzlich anders auf und gibt den Figuren neue Möglichkeiten. Zudem verwendet sie eine interessante Hintergrundidee, die Rollenspielern nicht gänzlich neu sein dürfte. Das Konzept der Ebenen ist spätestens seit „Dungeons & Dragons Planscape“ nichts Neues mehr – wer „Ravenloft“ kennt, wird durchaus die ein oder andere Parallele finden. Nichtsdestotrotz webt Lynn Flewelling einige neue Ideen mit hinein und entwirft durchaus etwas Neues. Es macht Spaß die Charaktere zu begleiten und ihre Nachforschungen und Pläne mitzuverfolgen.
Neben der komplexen, sehr spannenden Story können auch die Charaktere überzeugen. Lynn Flewelling erlaubt jeder liebgewonnenen Figur eine längere Abschiedsvorstellung: Seregil und Alec sind natürlich an erster Stelle zu nennen, aber auch Thero, Micum und Klia wissen zu glänzen. Mit dem jungen Mika, der am Ende des 6. Bandes „Casket of Souls“ auftaucht, erschafft die Autorin einen weiteren, sehr sympathischen Charakter und einige neue Figuren, die bisher noch gar nicht auftauchten.
Wer glaubt, dass Seregil als ursprünglicher Hauptcharakter im Zentrum steht, irrt sich. Zwar ist er noch wichtig und hat einiges zu überstehen, doch dieses Mal steht er nicht gänzlich an erster Stelle. Stattdessen rücken Alec und Mika ins Zentrum des Geschehens, sind sie doch maßgeblich für die Aufklärung der Hintergründe verantwortlich, da nur sie problemfrei in Rhazats Ebene wechseln können. Das mag zu Beginn ein wenig gewöhnungsbedürftig sein, doch mit der Zeit ist es ganz angenehm, dass erstmals Alec eine Aufgabe übernimmt, bei der ihm sein Geliebter nicht helfen kann. Es stärkt seine Persönlichkeit und er kommt noch mehr als gleichberechtigter Partner herüber, etwas was Lynn Flewelling in der vorherigen Büchern nie komplett gelungen ist.
Auch Klia und Thero bekommen mehr Raum, um sich zu entwickeln und sind wichtige Handlungsträger. Sie sind in mehr als einer Hinsicht Seregil und Alec ebenbürtig und es macht Spaß das junge Paar auf ihrem Weg zu begleiten. Insbesondere Thero, der sich von griesgrämigen und kühlen Lehrling zu einem wahren und mitfühlenden Magier entwickelt hat, ist eine tolle Figur, die definitiv Lust auf mehr macht.
Die Welt, in der „Shards of Time“ spielt, ist wie nicht anders zu erwarten: bunt, lebendig und sehr authentisch. Lynn Flewelling hatte über 30 Jahre Zeit ihre Fantasywelt auszubauen und mit Leben zu erfüllen und mit zwei Romanserien („Nightrunner“ und „Tamír Triad“) zu präsentieren, was insgesamt 10 Romanen entspricht. Dies spiegelt sich deutlich in der Landschaft, der Religion und der Gesellschaft der Länder wieder. Alles ist bis ins kleinste Detail durchdacht und in sich schlüssig, so dass es Spaß macht in die Welt der Nightrunner abzutauchen.
Auch stilistisch weiß Lynn Flewelling zu überzeugen. Ihr detailverliebter Stil sorgt dafür, dass man sich Kouros bildlich vorstellen kann und auch die Actionszenen sind sehr gut geschrieben. Trotz der kontinuierlichen Spannung, die aufgebaut wird, spart sie nicht mit der ein oder anderen witzigen, lockeren Szene, die niemals aufgesetzt wirkt, sondern wirklich gut zum Gesamtgeschehen und vor allem zu den Charakteren passt. Es macht einfach Spaß die Geschichte zu lesen und es fällt gerade zum Ende hin schwer, das Buch aus der Hand zu legen.
Fazit:
Mit „Shards of Time“ endet vorerst die wundervolle Fantasy-Reihe „Nightrunner“ von Lynn Flewelling. Im großen Finale gelingt es der Autorin nicht nur eine spannende, actingeladene Geschichte zu erzielen, und ihren wichtigsten Charakteren eine würdige Abschiedsvorstellung zu geben, sie schlägt sogar den Bogen zu den ersten beiden Bänden zurück, indem sie den Helden einen ganz ähnlichen Gegner wie damals vorsetzt. Trotz der leichten Parallelen zu „Planscapes“ ist „Shards of Time“ ein Fest für Fantasyfans und diejenigen, die Seregil, Alec und Co lieben. Man beendet den Roman mit einem lachenden und einem weinenden Auge – Lynn Flewelling ist zwar ein sehr schöner, spannender und würdiger Abschluss gelungen, doch man wird die Figuren, die Welt und die Abenteuer der „Nightrunner“ vermissen.