Autorin: Alicia Zett
Taschenbuch: 368 Seiten
ISBN: 978-3426526774
Preis: 9,99 EUR (eBook) / 12,99 EUR (Taschenbuch)
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Story:
Der Psychologiestudent Fynn bleibt die meiste Zeit am liebsten für sich, hat keine Freunde und versucht möglichst wenig Kontakt zu anderen Menschen aufzubauen – zu tief sitzen seine Ängste und Unsicherheiten, zumal er mitten in der Transition steckt und die wichtigste OP seines Lebens bevorsteht. Nichtsdestotrotz nimmt er die Einladung seines Kommilitone Joon an, der ihn zu einem Roadtrip nach Italien einlädt. Urplötzlich ist Fynn umgeben von vier Menschen, die er nicht kennt, darunter auch Marie, deren verliebte Blicke ihm schon in gemeinsamen Unikursen aufgefallen sind. Für Fynn beginnt einerseits ein Tanz auf dem Drahtseil, denn niemand soll erfahren, dass er ein Transmann ist, andererseits kommt er gerade Marie unweigerlich näher und beginnt Gefühle für sie zu entwickeln …
Eigene Meinung:
Mit dem ersten Band der ” Love is queer”-Reihe legt Alicia Zett gleichzeitig auch ihr Verlagsdebüt beim Knaur Verlag vor. Der Roman erschien im Februar 2021 und widmet sich dem Thema Trans, die Folgebände “”Maybe not tonight” und “No place for us” legen den Fokus auf schwule und lesbische New Adult Geschichten. Die Autorin ist bereits seit Jahren in der LGBTIQA+ Szene aktiv, ihr Debüt “Traumtänzerin” erschien 2018 im Eigenverlag.
Die Geschichte beginnt recht gemächlich und nimmt sich Zeit die Hauptfiguren vorzustellen. Man lernt Marie und Fynn kennen, die beide mit ihren eigenen Problemen zu kämpfen haben – Fynn hat kaum Kontakt zu anderen und versucht sein Leben unter dem Radar anderer zu leben, Marie ist unglücklich mit ihrer Studienwahl und fühlt sich nicht wohl dabei Psychologie zu studieren. Der gemeinsame Roadtrip mit ihren Freunden Chiara, Noah und Joon ist eine willkommene Abwechslung, um neue Entscheidungen zu treffen. Dass ihr Schwarm Fynn ebenfalls mit von der Partie ist, lässt sie sogar auf mehr hoffen. Leider ist genau dieser Aufhänger nicht nachvollziehbar – Fynn kennt Joon kaum, mehr oder weniger hat sich dieser ihm aufgedrängt und gehört zu der Sorte Mensch, die Fynn eigentlich meidet – dennoch sagt er diesem zum Roadtrip zu. Gleichzeitig verschweigt Joon, wen er eingeladen hat – als Freund*in von ihm wäre ich ziemlich angepisst, wenn jemand ohne meine Zustimmung einfach einen Fremden zu einem solchen Trip einlädt. Dennoch scheint niemand damit ei Problem zu haben, und dass obwohl Fynn zu Beginn ein echter Trauerkloß ist, der eher die Stimmung nach unten zieht. Als Leser*in kann man hier die Reaktionen der Figuren so gar nicht nachvollziehen, denn niemand geht so freimütig über eine solche Ausgangsituation hinweg.
Die restliche Geschichte tröpfelt die meiste Zeit vor sich hin – die Reisenden halten an verschiedenen Orten und unternehmen etwas, Fynn taut immer mehr auf und Marie denkt über ihre Zukunft nach. Natürlich kommen sich die beiden nach und nach näher, immerhin liegt der Fokus der Geschichte auf Marie und Fynn und ihren Gefühlen füreinander. Dass Fynn es nicht schafft reinen Tisch zu machen ist einerseits verständlich, andererseits wird es mit der Zeit schon nervig, dass er Marie gegenüber nicht alle Karten auf den Tisch legt. Und sein Outing (worauf man als Leser*in letztendlich mehr wartet, als auf die Entwicklung der Beziehung zwischen Marie und Fynn – nicht unbedingt positiv, da das Trans-Thema letztendlich das einzige Thema ist, das überhaupt Spannung erzeugt, was es eigentlich nicht tun sollte) wird zu sehr als dramatische Wendung inszeniert. Das ist schade, da das Buch zum Ende hin deutlich abbaut und den Fokus zu sehr auf Fynns Outing anstatt auf die Liebe der beiden Protagonist*innen legt. Sicherlich ist ein entsprechendes Happy End obligatorisch, doch man hätte dies auch ohne das Drama und etwas sensibler gestalten können, gerade für diejenigen, die trans sind und sich in Fynn wiedersehen.
Die Figuren wirken authentisch und sind gut in Szene gesetzt – man kann sowohl Fynn als auch Marie gut nachvollziehen, gerade ihre Sorgen, Ängste und Probleme. Einige Elemente um Fynn hätte man von Anfang an weglassen können – seinen Deadname, der für die Geschichte vollkommen irrelevant ist, ebenso einige der Rückblenden – die wären zum Ende hin besser platziert gewesen, als er Marie mehr von sich erzählt. Insgesamt stimmt die Stimmung zwischen den beiden jedoch – Alicia Zett weiß, wie man Figuren nach und nach einander näherbringt und Gefühlswelten beschreibt. Gerade bei Fynn kann man diese gut nachvollziehen, aber auch Maries Probleme wirken authentisch. Man begleitet die beiden sehr gerne auf ihrer Reise.
Leider wirken die Nebenfiguren im Gegenzug dazu etwas blasser – Chiara und Noah lernt man bereits als Pärchen kennen, das schon etliche Hürden gemeistert hat und Joon ist der Sidekick, den man vorwiegend als jemanden kennenlernt, der gern fotografiert und gutes Essen liebt. Es wäre schön, wenn diese Figuren etwas mehr Tiefe bekommen hätten.
Stilistisch legt die Autorin ein solide geschriebenes Buch vor, das abwechselnd aus Fynns und Maries Sich geschrieben ist. Leider hat die Geschichte ihre Längen, gerade die erste Hälfte zieht sich enorm, auch wenn die Orte und Landschaften gut beschrieben sind und man sich den Roadtrip an sich gut vorstellen kann. In der zweiten Hälfte wartet man förmlich nur darauf, dass die Bombe platzt – in welcher Form auch immer. Das lenkt natürlich sehr von den Dialogen und der wachsenden Beziehung zwischen Fynn und Marie ab, die durchaus schön umschrieben ist. Es ist schade, dass Fynns Outing das einzig dramatische Element der Handlung ist.
Fazit:
“Not your Type” ist ein Buch, das durch tolle Beschreibungen, einen angenehmen Schreibstil und sympathische Hauptfiguren besticht, jedoch das Transthema zu plakativ behandelt. Der Fokus auf Fynns Outing ist einfach zu groß, die Dramatik, die darum aufgebaut wird, fühlt sich zum Ende hin falsch an. Das ist schade, denn die Basis des Buches ist, auch wenn sie etwas an den Haaren herbei gezogen ist, halbwegs solide, um eine angenehme, realistischen Liebesgeschichte zu erzählen und hätte viel Raum für einen sensibleren Umgang mit dem Thema Trans geboten. Am besten reinlesen und selbst entscheiden, ob man Fynn und Marie auf ihrer Reise begleiten möchte.