Autor: Ulrike Voss
Taschenbuch: 320 Seiten
ISBN: 978-3887696689
Preis: 8,99 EUR (eBook) / 10,90 EUR (Taschenbuch)
Bestellen: Amazon
Story:
Julia und Gudrun sind seit Jahren ein Paar – sie leben und arbeiten zusammen und verbringen viel Zeit miteinander. Leider blieben dabei die Leidenschaft und die erotische Spannung vollkommen auf der Strecke, was ganz besonders Julia zusetzt, die wesentlich öfters ihre sexuellen Gelüste ausleben möchte. So ist sie auch für eine sehr freizügige Chatanfrage einer unbekannten Frau offen, die sie über Facebook erhält. Schnell wird aus den erotischen Dialogen mehr und als sie Rebecca schließlich kennenlernt, steht Julia zwischen den Stühlen – einerseits entwickelt sie Gefühle für Rebecca, zumal diese sie auch endlich im Bett zufriedenstellen kann, andererseits liebt sie noch immer die stille und ruhige Gudrun, mit der sie schon so lange zusammen ist.
Eigene Meinung:
Ulrike Voss ist kein ungeschriebenes Blatt, wenn es um erotische, lesbische Literatur geht – „Rebeccas Küsse“ ist bereits ihre vierte Veröffentlichung bei konkursbuch. Wie auch ihre bisherigen Bücher und Geschichten geht es im vorliegenden Roman heiß zur Sache, denn die Autorin nimmt kein Blatt vor den Mund, was nicht unbedingt jedermanns Geschmack ist.
Zu Beginn der Geschichte lernt man Julia und Gudrun kennen, die seit Jahren ein Paar sind, sich jedoch im Laufe der Zeit in eine Beziehung verrannt haben, die beide nicht unbedingt glücklich macht. Statt gemeinsam an sich und ihrer Beziehung zu arbeiten, leben sie nebeneinander her, wenngleich sie eine Menge füreinander empfunden. Da Gudrung imemr weniger Lust auf traute Zweisamkeit und Sex hat, flüchtet sich Julia in den erotischen Chat mit Rebecca, die sie eines Tages auf Facebook anschreibt. Schnell wird Rebecca zum Dreh- und Angelpunkt ihrer erotischen Fantasien und wird die Person, die Julia sich im Bett wünscht. Die erotischen Gespräche münden in einem Treffen in der Realität, was Julia noch mehr aus der Bahn wirft, denn selbst wenn Rebecca nicht dem entspricht, was sie sich vorgestellt hat, beginnt sie doch eine Affäre mit der fremden Frau, die ihr nur wenig von sich verrät. Da Julia sich aber auch zu Gudrun hingezogen fühlt, steht sie bald vor einem Problem …
Die Autorin versucht auf sehr stille, ruhige Art und Weise die Themen Beziehungskrise, neue Liebe und Online-Dating miteinander zu verknüpfen. Sie greift dabei auch spannende, interessante Themen auf, die gut zur Geschichte passen und sehr gefühlvoll in Szene gesetzt werden – z.B. Julias Zwiespalt zwischen zwei Frauen zu stehen und die Beziehungskrise von Julia und Gudrun, die sich sehr schleichend bemerkbar macht. Allerdings wird vieles von den übermäßig viele erotischen Szenen überdeckt, die einfach zu viel gewesen sind. Die Hälfte des Buches machen die Frauen nichts anderes, als übereinander herzufallen und die Nächte von einem Höhepunkt zum nächsten zu wandeln. Mit der Zeit ist es einfach zu viel, da es die Geschichte ausbremst und den Leser ungemein ermüdet. Man hat das Gefühl, für Julia ist nichts mehr wichtig, außer sich von Rebecca flachlegen zu lassen – wenn sie arbeitet, wenn sie Auto fährt, wenn sie einen Film sieht: fast immer ist sie erregt. Das tut der Geschichte und auch den Charakteren nicht gut. Das merkt man ganz besonders am Ende, das nicht so recht passen mag und zu gekünstelt wirkt, um wirklich glaubwürdig zu sein.
Die Figuren sind authentisch und realistisch, bleiben dem Leser jedoch fern. Insbesondere Julia schafft es nicht Sympathien zu sammeln, da sie sich innerhalb der Geschichte nicht weiterentwickelt. Sie ist unselbstständig, macht den Mund nicht auf (nicht mal, als es wirklich notwendig ist) und scheint zu 90% notgeil zu sein, denn alles worum sich ihre Gedanken zu drehen scheinen ist, wie sie möglichst unbemerkt mit Rebecca zusammen sein kann (teils auch zum Reden, die meiste Zeit jedoch um sich zu vergnügen). Auch die übrigen Figuren gewinnen keinen Tiefgang . Gudrun bleibt wahnsinnig blass (dennoch hat man schon früh den Verdacht, wohin sie sich im Laufe der Geschichte bewegt), Rebecca ist ein wenig spannender, wirkt jedoch seltsam konstruiert. Die übrigen Nebenfiguren kommen kaum zum Tragen, so dass man sie schnell vergisst, sobald man das Buch beendet hat.
Stilistisch legt Ulrike Voss gehobene Literatur vor, die man mögen muss. Sie hat die Art eher fern der Figuren zu schreiben, so dass man sich schwer mit ihnen identifizieren kann. Zudem dreht sich bei ihr alles um Sex, wozu sie mitunter derbe Wörter nutzt und wirklich detailliert beschreibt, wie die Frauen miteinander umgehen. Ausführliche Dialoge und sonstige Beschreibungen sucht man leider vergeblich, viele Sachen werden nur zusammengefasst – man muss diesen einfachen, schlichten Stil gespickt mit expliziten Erotikszenen einfach mögen, ansonsten wird man mit „Rebeccas Küsse“ nicht glücklich.
Fazit:
„Rebeccas Küsse“ ist definitiv Geschmackssache und nicht für jeden Leser geeignet. Wer es romantisch mag und wer die handelnden Figuren intensiv kennenlernen will, der ist mit Ulrike Voss‘ Roman an der falschen Adresse. Hier geht es expliziter und direkter zur Sache – mitunter so sehr, dass man die sich wiederholenden Erotikszenen überblättert, um die eigentliche Geschichte weiterzuverfolgen. Viel sollte man hierbei auch nicht erwarten, denn sonderlich tiefgründig werden die interessanteren Themen leider nicht behandelt. Sehr schade … im Bedarfsfall reinschnuppern und selbst entscheiden, ob das Buch stilistisch und thematisch überzeugen kann.