Autor*in: Tanja Meurer
Taschenbuch: 416 Seiten
ISBN: 978-3903238107
Preis: 7,99 EUR (eBook) / 16,00 EUR (Taschenbuch)
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Story:
Das Leben des 16-jährigen Oliver ändert sich schlagartig als sein Vater in einem Blutrausch seine Mutter und die beiden jüngsten Geschwister ermordet. Neben Oliver, der schwer verletzt ins Krankenhaus kommt, überleben lediglich die Zwillinge Michael und Chris das Massaker. Doch Oliver will nicht daran glauben, dass Untreue das einzige Motiv ist, zumal sich die seltsamen Ereignisse häufen, als er endlich aus dem Krankenhaus entlassen wird – Chris wird von einer Erscheinung angegriffen, sein Großvater hat ebenfalls die ein oder andere Leiche im Keller und der Patenonkel der Zwillinge, Amman Aboutreika, hat gesteigertes Interesse die Brüder in seine Fäge zu bekommen. Gemeinsam mit den ermittelnden Beamten stellt Oliver eigene Nachforschungen an und kommt hierbei dem punkigen Kriminalkommissar Daniel Kuhn näher …
Eigene Meinung:
Der Mystery Thriller „Der Rebell“ ist der zweite Band der „Schattengrenzen“-Reihe und stammt aus der Feder der Wiesbadener Autorin Tanja Meurer. Er erschien erstmals 2013 im Bookshouse Verlag, die stark überarbeitete, erweiterte Neuauflage kam 2018 bei Homo Littera heraus. Die Geschichte kann unabhängig vom ersten Band der Reihe („Glasseelen“) gelesen werden und findet in den 2024 erschienenen Romanen „Grenzgänger“ und Freigeist“ seine Fortsetzung und Auflösung.
Die Geschichte setzt in der Blutnacht an und man ist sofort im blutigen Geschehen – hautnah erleben die Leser*innen, wie Oliver die Ermordung seiner Mutter miterlebt, sein Vater anschließend jagt auf ihn macht und wie er nur mit größter Mühe die schrecklichen Ereignisse überlebt. Anschließend ist nichts mehr wie es war – Oliver verbringt Monate im Krankenhaus, verpasst den Prozess und kann für seine Brüder Michael und Chris nicht da sein, die mit ihrem neuen Leben bei ihrem mürrischen, unsympathischen Großvater zu kämpfen haben. Erst ein weiterer Unglücksfall sorgt dafür dass die Geschwister wieder zusammenkommen, doch damit nimmt eine wesentliche größere Katastrophe ihren Lauf. Natürlich handelt es sich hierbei nicht nur um die rein kriminalistische Arbeit, die ein solcher Fall mit sich bringt, sondern um übernatürliche Ereignisse – Oliver kann seit seiner Nahtoderfahrung Geister und Erscheinungen sehen und hat die Fähigkeit die Welt hinter den Spiegeln aufzusuchen, in der Geister, Wiedergänger und Wächter existieren.
Die Autorin legt viel Wert darauf die Geschichte in allen Facetten zu erzählen und nimmt dabei kein Blatt vor den Mund – die Szenen der blutigen Mordnacht, das Aussehen der Geister, die gruselige Zwischenwelt: all das wird sehr ausführlich und bildlich umrissen, so dass man stets vor Augen hat, wie die Umgebung aussieht und was passiert. Teils werden wichtige Szenen minutiös beschrieben, stets die Gedanken und Gefühle der Figuren mit eingewoben und deren Eindrücke geschildert. Diese detaillierten Beschreibungen bremsen jedoch die Geschichte spürbar aus, denn gerade in einer fesselnden Actionszene oder wenn eine gewisse Spannung aufgebaut wurde, braucht man keine unendlich langen Ausführungen – man will wissen, wie es weitergeht, was passiert und wie es den Figuren ergeht.
Ähnlich wie bei der Geschichte nimmt sich Tanja Meurer viel Zeit den Charakteren eine gewisse Tiefe zu geben. Dazu gehören nicht nur die Hauptfiguren, sondern sämtliche Nebencharaktere, die im Laufe der Zeit eine immer wichtigere Rolle einnehmen. Seien es Oliver und seine Brüder, die mit den schrecklichen Ereignissen leben und sich einen Platz in der Welt suchen müssen, die Ermittlungsbeamten, die teils aus eigennützigen Gründen an dem Fall arbeiten, oder Olivers Großvater Walter Markgraf – sie alle sind sehr greifbar und authentisch in Szene gesetzt. Man kann sie sich sehr gut vorstellen, ihren Handlung nachvollziehen und mitfiebern. Insgesamt ist die Charakterzeichnung eine der großen Stärken des Buches.
Stilistisch legt die Autorin ein beeindruckendes, fesselndes Werk vor, das durch einen vielfältigen Wortschatz und ausführlichen Beschreibungen besticht. Da die Geschichte aus Olivers Sicht erzählt wird, lernt man ihn ganz besonders gut kennen und ist hautnah dabei, wenn es die Geheimnisse des Falls ergründet, hinter die Spiegel gerät oder seine Gefühle für den Kriminalkommissar Daniel Kuhn entdeckt – positiv ist hierbei, dass die Liebesgeschichte zwischen den beiden Männern keinen übermäßig großen Raum einnimmt. Die beiden kommen sich näher, der Fokus der Handlung liegt aber komplett auf dem Fall und den Ereignissen.
Fazit:
„Der Rebell“ ist ein gelungener Auftakt der Geschichte um Oliver, Daniel und die unheimlichen Ereignisse, mit denen sie zu kämpfen haben. Der Mystery-Thriller besticht durch tolle Charaktere, eine schöne, sehr detailreiche, wortgewandte Sprache und jede Menge gruselige Spannung. Wer unheimliche Geschichten mag, ein Faible für Horror und Geister hat und ganz natürlich eingewobene, queere Elemente mag, sollte einen Blick riskieren – „Der Rebell“ lohnt sich und macht Lust auf die Fortsetzung.