Autor: Ronja Delahaye
Taschenbuch: 362 Seiten
ISBN: 978-1982910662
Preis: 3,99 EUR (eBook) | 14,97 EUR (Taschenbuch)
Bestellen: Amazon
Story:
Nach dem Krebstod ihres Bruders besteht Rikes Leben aus Büchern, ihrer Arbeit als Buchhändlerin und regelmäßigen Krankenhausbesuchen, denn der ebenfalls krebskranke Rafael kämpft noch immer um sein Leben. Die beiden sind beste Freunde und Rike setzt alles daran, für Rafael da zu sein, da sich dessen Schwester Camila nur selten blicken lässt. Aus diesem Grund geigt sie ihr irgendwann die Meinung, als sie sie endlich kennenlernt, ungeachtet der Tatsache, dass Camila das typische Bad Girl ist und sich immer wieder am Rand der Illegalität bewegt. Dieses Verhalten imponiert Camila und im Laufe der Zeit lernen sich die beiden ungleichen Frauen immer besser kennen. Doch eine Beziehung steht unter keinem guten Stern, denn beide haben ihre Geheimnisse und brauchen lange, um sich zu öffnen – und selbst dann überwiegt bei beiden die Angst am Ende allein zu sein …
Eigene Meinung:
Mit „Tigerstreifenhimmel“ legt Ronja Delahaye ihren dritten Roman vor und wagt sich erstmals an eine lesbische Liebesgeschichte – ob die queere Community weitere lesbische oder schwule Geschichten aus ihrer Feder erwarten kann, wird die Zukunft zeigen. Lohnenswert wäre es auf jeden Fall, denn die Geschichte um Rike und Camila ist erfrischend anders und macht durchaus Lust auf mehr.
Das Hauptaugenmerk der Handlung liegt deutlich auf Rike und Camila und ihre gemeinsame Beziehung zueinander. Diese entwickelt sich nur langsam, denn die Autorin lässt sich viel Zeit, die beiden vorzustellen und einander näherzubringen. Mitunter entstehen dadurch auch Längen, denn die beiden Frauen kreisen sehr lange umeinander, ohne dass etwas passiert und man das Gefühl hat, alles passiert nur im Schneckentempo. Auch einige inhaltliche Punkte wirken unlogisch und sorgen für Fragen, die nicht beantwortet werden – da muss Camila ihren Lebensunterhalt mit illegalen Kämpfen bestreiten, lebt aber in einem riesigen Loft mit pompöser Sofalandschaft. Ebenso fragt man sich, wieso sie für die Krankenhausrechnungen ihres Bruders aufkommen muss – eine Versicherung müsste da einspringen, z.B. die ihrer Eltern. Vielleicht spielt das Buch in den Staaten, wo vieles anders ist, da ich aber eher einen deutschen Handlungsort vor Augen hatte, war ich die meiste Zeit irritiert.
Wen das nicht stört bekommt eine unkonventionelle, wenn auch vorhersehbare Liebesgeschichte präsentiert, die teilweise ein wenig klischeehaft daherkommt, zwischendurch aber auch erfrischend andere Töne anschlägt. Die Figuren sind nicht ganz so stereotyp wie am Anfang gedacht und brechen immer wieder aus ihren festgefahrenen Mustern aus, was neuen Schwung in die Geschichte bringt. So mag Camila zu Beginn mit ihrer taffen Art fast schon ein wenig nerven, ebenso Rike, die wie ein graues Mäuschen wirkt. Zum Glück verändern sie sich im Laufe der Zeit, bekommen mehr Ecken und Kanten und Persönlichkeit – insbesondere wenn sie zusammen sind und sich besser kennenlernen. Auch Rafael ist ein sehr sympathischer Charakter, den man sehr schätzt und dem man einen Sieg gegen die tödliche Krankheit wünscht. Die übrigen Figuren bleiben ein wenig blass und sind mehr oder weniger dafür da, die Handlung voranzutreiben oder Rike und Camila in eine bestimmte Richtung zu treiben. Leider betrifft das Camilas Freund Grayson – gerade zum Ende hin hätte ich mir eine direkte Konfrontation mit ihm gewünscht. Sehr schade ist auch, dass Rafaels und Camilas Zwist mit wenigen Worten beigelegt wird – hier wäre ein klärendes Gespräch nicht verkehrt gewesen.
Stilistisch gibt es wenig zu bemängeln – Ronja Delahaye hat einen sehr schönen, angenehm lesbaren Schreibstil. Sie hat ein Händchen für ihre Charaktere und weiß, wie man sie in Szene setzt. Sehr schön sind auch die Dialoge, teilweise auch die inneren Monologe. Man lernt sowohl Rike als auch Camila kennen, denn die Geschichte wird abwechselnd aus Sicht beider Frauen erzählt. Ein wenig schade ist, dass sich die Erzählstimmen fast gleichen, obwohl die beiden grundverschieden sind. Es wäre schön gewesen, Rike und Camila eine eigene Stimme zu verleihen, um ihre charakterlichen Eigenschaften zu unterstreichen. Aber auch sonst lässt sich „Tigerstreifenhimmel“ gut lesen und bietet angenehme Lesestunden.
Fazit:
„Tigerstreifenhimmel“ ist ein gelungener, lesbischer Liebesroman, der das Kunststück vollbringt einerseits recht stereotyp daherzukommen, andererseits aber auch etwas Neues, Unkonventionelles bietet – denn so klischeehaft Rike und Camila wirken, im Grunde sind sie durchaus etwas Besonderes und rücken den Roman zum Ende hin in ein anderes Licht. Ronja Delahaye legt ein schönes Buch vor, das trotz kleiner Fehler und einiger Längen angenehm zu lesen ist und jedem zu empfehlen ist, der lesbische Romane mag und auf der Suche nach ungewöhnlichen Geschichten ist. Man sollte auf jeden Fall einen Blick riskieren …