Autor: Stephanie Mangliers
Taschenbuch: 404 Seiten
ISBN: 978-3959492300
Preis: 5,99 EUR (eBook) | 16,00 EUR (Taschenbuch)
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Story:
Der Tod des homophoben Vaters ist für Lukas ein Segen – endlich kann er der sein, der er schon immer war, ohne drastische Strafen zu fürchten. Mit was er bei der Trauerfeier nicht gerechnet hat, war die Tatsache, einen Bruder zu haben, der ihm von der gesamten Verwandtschaft verschwiegen wurde. Neugierig macht er sich auf die Suche und findet in dem psychisch labilen Kai seinen älteren Bruder. Er lebt mit seinem Mann Mike ebenfalls in Hamburg und ist anfangs skeptisch, wie er auf Lukas reagieren soll. Doch so schnell gibt Lukas nicht auf und findet schließlich einen Platz in seiner neuen Familie. Als er auf einer von Kais Party den angesagten Künstler Alex kennenlernt, verliebt er sich Hals über Kopf. Dass Alex HIV positiv ist, stört Lukas nur am Anfang – er will unbedingt das Herz des 10 Jahre älteren Mannes gewinnen und lässt dabei außer Acht, wie sehr er seinen besten Freund Simon verletzt, der schon seit Jahren in Lukas verliebt ist …
Eigene Meinung:
Mit „Und neben mir bist du“ legt Stephanie Mangliers ihren zweiten Jugendroman beim Main Verlag vor. Der Roman ist in sich abgeschlossen und erschien im Sommer 2018 beim Main Verlag.
Im Zentrum des Romans steht der 17-jährige Lukas, der sich endlich aus den homophoben Fängen seiner Familie befreien kann, als sein Vater stirbt und er seinen Bruder findet. Innerhalb eines Jahres passiert in dem Buch eine ganze Menge – fast schon zu viel für die knapp 400 Seiten. Das ist auch das Hauptproblem des Romans: Es werden einfach zu viele ernste Themen angeschnitten, die aber nicht sensibel genug behandelt werden. Das raubt der Geschichte den Tiefgang, weil alles nur oberflächlich beleuchtet wird, ohne dass man sich wirklich damit identifizieren kann. Da ist Kai, der aufgrund seiner Vergangenheit als Stricher und Drogenabhängiger psychisch labil ist und eigentlich permanente psychologische Behandlung bräuchte, Alex, der HIV positiv ist und Lukas irgendwann fast ansteckt, Simon, der sich eher genderfluid sieht und gerne weibliche Kleidung trägt und Make-up auflegt, Lukas‘ beste Freundin, die irgendwann ungewollt schwanger ist und die homophoben Eltern des Protagonisten, die ihre Ansichten sehr drastisch umsetzen – es ist einfach zu viel auf einmal. Man hat das Gefühl, die Autorin wollte möglichst viele Probleme um Lukas herum aufbauen, der sich in dem Chaos irgendwie zurecht finden muss, um erwachsen zu werden. Es wirkt dadurch nicht natürlich und authentisch, sondern aufgezwungen, gerade wenn einige wichtige Dinge (wie z.B. die Schwangerschaft) nur kurz behandelt und anschließend eher zusammenfassend im Nebensatz behandelt werden, der Leser dafür aber mehrere explizite Sexszenen präsentiert bekommt. Auch hier ist der Schwerpunkt falsch gesetzt – in einem Jugendbuch sollten die wichtigen Themen sensibel und aufmerksam behandelt werden, anstatt sich zu sehr auf Erotik einzuschießen (wenngleich Lukas als 17-Jähriger natürlich sehr auf Sex fokussiert ist).
Hinzu kommt, dass Stephanie Mangliers erneut ein Ende präsentiert, das den Leser eher unzufrieden zurücklässt und im letzten Kapitel vieles „übers Knie bricht“ – insbesondere weil man einmal mehr einen Stimmungswechsel präsentiert bekommt, den man weder nachvollziehen noch verstehen kann. Das hat sie bereits in ihrem Debüt „Und der Himmel ist doch bunt“ getan, wo man sich über das abrupte Ende geärgert hat.
Die Figuren bleiben leider alle recht blass, was daran liegt, dass sie nicht authentisch sind. Das trifft auch auf Lukas zu, wenngleich dieser sich wirklich wie ein aufmüpfiger Teenie verhält, insbesondere wenn er mit seiner Mutter aneinander rasselt. Das macht ihn mitunter auch nervig und anstrengend, aber so sind Jugendliche wahrscheinlich die meiste Zeit. Die Nebenfiguren haben alle ihr Päckchen zu tragen und mit vielen Problemen zu kämpfen – wie erwähnt ist es einfach zu viel geworden. Das macht sie teilweise unglaubwürdig, einfach weil sie scheinbar nur Extreme kennen. Kais Weg ist im Laufe des Buches sehr krass, Mutter verhält sich durchweg extrem, ebenso kommt Alex‘ Entscheidung am Ende sehr überstürzt herüber.
Auch stilistisch mangelt es an Tiefgang – die Autorin hat einen sehr einfachen, schlichten Stil, der in vielen Fällen die angesprochenen Themen nicht angemessen umschreiben kann. Er wirkt ähnlich oberflächlich (weil sie Lukas‘ Gefühlswelt nicht tief genug wiedergibt), wie die Geschichte, ist zudem fehlerbehaftet und hölzern. Ähnlich wie bei ihrem Debüt ist das Hauptproblem der monotone Schreibstil und die beständigen Wiederholungen. Hin und wieder werden Worte auch komplett falsch eingesetzt, so dass die Sätze keinen Sinn mehr ergeben. Gerade am Anfang hat man Probleme in die Geschichte zu kommen und sich mit Lukas‘ Art zu arrangieren. Er ist kein Protagonist, mit dem man sich identifizieren und mitleiden kann. Wer ein klassisches Jugendbuch erwartet, wird enttäuscht sein, denn „Und neben mir bist du“ schafft es leider nicht, Leser in diesem Segment zu erreichen und zu überzeugen.
Fazit:
„Und neben mir bist du“ ist ein Roman, der nicht gänzlich überzeugen kann und mit dem der ein oder andere Leser seine Schwierigkeiten haben wird. Stephanie Mangliers‘ packt zu viele sensible Punkte in die Geschichte, ohne ihnen einen angemessenen Raum zur Entwicklung zu geben und mehr aus den angesprochenen Themen zu machen, als dramatische Aufhänger für Lukas Entwicklung. So wirkt die Geschichte leider sehr unsensibel und überstürzt, die Figuren handeln nicht realistisch oder nachvollziehbar und auch der monotone Schreibstil kann diesen Umstand nicht ändern. Alles in allem hat mich das Buch noch weniger überzeugen können, als „Und der Himmel ist doch bunt“, weswegen ich nur 2 Sternchen vergeben kann.