Autor*in: Lina Frisch
Taschenbuch: 464 Seiten
ISBN: 978-3426528907
Preis: 12,99 EUR (eBook) / 15,99 EUR (Taschenbuch)
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Story:
Schon von Kindheitsbeinen an fällt es Hellea, kurz Hell, schwer ihre Wut unter Kontrolle zu halten, weswegen sie immer wieder aneckt, ganz besonders mit ihrem Stiefvater Bernd. Doch erst als sie mit ihren besten Freunden nach Schweden fährt, um dort nicht nur die raue Schönheit des Landes zu entdecken, sondern auch den Spuren ihres leiblichen Vaters zu folgen, lernt sie, dass ihre Wut mehr zu bedeuten hat. In den rauen, dunklen Wäldern des Nordens findet sie nicht nur ein verstecktes Dorf, in dem ausschließlich Frauen leben, die mysteriöse Astryd offenbart ihr, dass ihre Wut ihre ureigene Kraft ist, um die Welt zu verändern. Hell beschließt ihr altes Leben hinter sich zu lassen und diese Macht zu erkunden … und Majvie besser kennenzulernen, eine junge Frau, die sie ungemein fasziniert …
Eigene Meinung:
Mit „We will give you Hell“ legt die Autorin Lina Frisch einen feministischen Urban Fantasy Roman vor, der im März 2023 im Knaur Verlag erschienen ist. Es ist nach der Duologie „Skyes Rebellion“ die zweite Veröffentlichung der Autorin, die sich vorwiegend mit feministischen, fantastischen Themen beschäftigt. „We will give you Hell“ ist als Einzelband angelegt, könnte jedoch fortgeführt werden, da das Ende entsprechende Möglichkeiten für einen weiteren Band bietet.
Die Geschichte spielt größtenteils in den Wäldern Schwedens, sprich die Autorin entführt die Leser*innen in ein ungewohntes Setting, spielen die meisten Urban Fantasy Romane doch in den USA, seltener auch in Deutschland (wobei der Begriff Urban Fantasy nicht wirklich gut auf den Roman passt, denn die Handlung spielt nur bedingt in einem städtischen Umfeld). Lina Fritsch lässt sich viel Zeit ihre Heldin einzuführen, ihre Sorgen und Probleme zu beleuchten und die Reise durch Schweden mit ihren Freund*innen zu beschreiben. Daher dauert es, bis die Geschichte an Fahrt aufnimmt, denn das erste Drittel beschäftigt sich vorwiegend mit den üblichen Problemen und Streitereien des Freundeskreises. Erst als Astryd auftaucht und Hell in die nördlichen Wälder lockt, nimmt die Geschichte an Fahrt auf, auch wenn das Leben in dem kleinen, versteckten Dörfchen ebenfalls recht ruhig und altertümlich ist. Die Ursache für die Wut, die Hell umtreibt und die für sie stets als Belastung wahrgenommen wird, wird gut in die Geschichte eingewoben; der mythologische Hintergrund ist nachvollziehbar, wenngleich in einigen Punkte doch etwas zu weitgreifend interpretiert. Auch das Thema Feminismus kommt zu tragen, denn die Autorin spricht etliche gesellschaftskritische Themen an, die insbesondere Frauen in patriarchalischen Systemen betreffen – etliche Punkte regen auf jeden Fall zum nachdenken an, einige Ansätze sind schon sehr krass formuliert.Zum Glück stellt Lina Frisch auch klar, dass Wut und Hass nah bei einander liegen und Fanatismus nie der Weg sein kann, den man gehen sollte.
Die queere Liebesgeschichte zwischen Hell und Majvie sorgt zumindest für ein wenig Auflockerung, auch wenn man die meiste Zeit nicht den Eindruck hatte, dass sich zwischen den beiden Frauen etwas entwickelt – sie kommen sich näher, aber man nimmt es eher als Freundschaft als als Liebe wahr …
Die Figuren sind solide ausgearbeitet, allerdings nicht immer sympathisch. Hellea ist ein Charakter, den man nur schwer ins Herz schließen kann, da sie mit ihren Handlungen, Reaktionen und Worten mehr als einmal Menschen verletzt, die ihr nahestehen. Man muss ihr zugute halten, dass die meisten Figuren in ihrem Umfeld nicht besser sind, bei ihr wird dies jedoch zumeist auf ihre Wut geschoben (was wie eine bequeme Erklärung für all die Fehler wirkt, die Hell macht). Leider ist sie nur selten in der Lage aus ihren Fehlern zu lernen – stattdessen wiederholt sie sie, auch wenn sie weiß, dass sie etwas falsch macht.
Majvie, in die sie sich im Laufe der Geschichte verliebt, bleibt leider relativ blass – auch wenn man mehr über ihre Hintergründe erfährt. Erst zum Ende hin entwickelt sie sich ein wenig weiter. Die restlichen Frauen des Dorfes wirken wie ein Hintergrundrauschen aus denen lediglich Astryd als zunehmend fanatische Anführerin und Kaira als Ärztin heraussticht. Auch Hells Freunde, die sie seit Kindesbeinen kennt, können nur bedingt überzeugen, insbesondere als sie ihre Freundin nach einem Streit einfach im Wald zurücklassen.
Stilistisch legt Lina Frisch ein solide geschriebenes, gut recherchiertes Buch vor, das durch schöne Beschreibungen von Schweden und eine spannende Grundidee besticht. Trotz einiger Längen begleitet man Hell sehr gerne auf ihrem Weg zu sich selbst und ihrer ureigenen, weiblichen Macht. Trotz aller Unstimmigkeiten und einigen unlogischen Aspekten begleitet man Hell sehr gerne auf ihrem Weg und verfolgt ihre Geschichte durchaus mit Spannung, denn letztendlich möchte man herausfinden, was es mit den Bewohner*innen des Dorfes auf sich hat und welche Ziele Astryd eigentlich verfolgt.
Fazit:
„We will give ou Hell“ ist ein spannender, feministischer Urban Fantasy Roman mit queerer Liebesgeschichte, der durch eine interessante Grundidee besticht und einige gesellschaftskritische Themen anspricht, die zum Nachdenken anregen. Nichtsdestotrotz macht es einem die Hauptfigur nicht immer leicht in die Geschichte einzutauchen, ebenso die teils fanatischen Züge, die die Geschichte hinsichtlich des Kampfes der Frauen teilweise einnimmt, auch wenn die Autorin in der Lage ist, sich mit diesen Punkten kritisch auseinander zu setzen. So ist „We will give you Hell“ trotz aller Schwächen ein lohnenswertes Buch, wenn man auf der Suche nach queerer, feministischer Literatur mit starker, gesellschaftskritischer Botschaft ist, die zum Nachdenken anregt.