[SACHBUCH] Tadzios Brüder: Der schöne Knabe in der Literatur

Herausgeber: Guido Fuchs
Taschenbuch:  260 Seiten
ISBN: 978-3940078421
Preis: 26,95 EUR (Taschenbuch)
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Inhalt:
Der Untertitel des Sachbuches „Der schöne Knabe in der Literatur“ weist bereits auf den Inhalt des Buches hin – eine umfangreiche Textsammlung, in denen die außergewöhnlich schönen Jungen auftauchen und umschrieben werden. Dabei wird der Leser durch alle möglichen Zeitepochen von den Klassikern bis zur modernen Belletristik geführt und lernt längst vergessene und wohlbekannte Autoren kennen.
Nach einer sehr umfangreichen und interessanten Einleitung, in dem Herausgeber Guido Fuchs einen ausführlichen Einblick in die Thematik gewährt, folgen Textbeispiele diverser Autoren, von Hermann Hesse über Thomas Mann, Theodor Fontane, Rainer Maria Rilke bis hin zu Astrid Lindgren und Johann Wolfgang von Goethe. Anstatt die Beispiele zeitlich zu ordnen, wählt der Herausgeber eine Unterteilung nach Inhalt und Thema der Ausschnitte: „Begegnung“, „Betrachtung“, „Erinnerung“, „Erwählung“, „Erscheinung“, „Beziehung“, „Verheissung“, „Verbeugung“, „Verschwendung“, „Versuchung“, „Veränderung“ und „Verwandlung“.

Eigene Meinung:
Das Sachbuch „Tadzios Brüder – Der schöne Knabe in der Literatur“ erschien 2015 als edle Hardcoverausgabe mit Lesebändchen im Monika Fuchs Verlag und umfasst knapp 260 Seiten, von denen fast 40 die Quellenangaben umfassen. Jedes Kapitel wird mit einem passenden Gemälde oder Bild untermalt, ebenso befinden sich einige weitere ausgewählte Fotografien bekannter Statuen in der Einleitung des Buches und am Ende. Mit knapp 27 Euro bewegt sich der Band im oberen Preissegment, jedoch ist er aufgrund seines Inhaltes und der schönen Aufmachung durchaus sein Geld wert.

Inhaltlich bietet sich dem Leser eine beeindruckende, sehr umfangreiche Sammlung verschiedenster Textausschnitte, die sich dem schönen Knaben als Protagonisten, Nebenfigur oder flüchtiger Erscheinung widmen. Beginnend im späten 18. Jahrhundert reichen die Passagen und Beispiele bis in die heutige Zeit. Guido Fuchs fördert ein Phänomen zu Tage, das in der heutigen Belletristik kaum noch vertreten ist, da es im Laufe der Zeit verloren ging. Teils mag das an den heutigen Konventionen liegen, teils gilt es als verpönt (gerade als Mann) über einen schönen Knaben zu sprechen, denn damals war es bis zu einem gewissen Grad kein Problem, eine derartige Erscheinung sehr blumig in Worte zu packen. So ist es interessant zu sehen, dass nahezu alle großen Dichter und Autoren derartigen Jünglingen einen Platz in ihren Werken einräumten, ohne dass jemand daran Anstoß nahm. Erst Oscar Wilde, dessen Umschreibungen von Bosie denen der großen Schriftsteller nicht unähnlich waren, scheint dem Thema aufgrund des Prozesses und seiner Homosexualität einen negativen, fast schon schwulen Beigeschmack gegeben zu haben; ein Stempel der Männern heutzutage schnell aufgedrückt wird, wenn von schönen, engelsgleichen Knaben gesprochen wird. Das diesen Umschreibungen keinerlei sexuelle oder erotische Komponente zugrunde liegt, wird in dabei den Hintergrund gestellt. Aus diesem Grund verzichtet der Herausgeber vollkommen auf jegliche Textpassagen und Umschreibungen, die einen schwulen, erotischen oder sexuellen Kontext haben, worauf auch im Vorwort hingewiesen wird. In „Tadzios Brüder“ geht es nicht um die Knaben, die man in der modernen schwulen Literatur finden mag, sondern um die unantastbaren, schönen Kinder und Jugendlichen, die man von der Ferne zwar lieben und bewundern darf, aber nicht verletzen und beschmutzen soll.

Stilistisch erwartet den Leser eine große Bandbreite unterschiedlicher Stile, Genre und Gattungen, je nach Alter des Textes. Natürlich wird auf die Originaltexte Wert gelegt, so dass sie aus heutiger Sicht fehlerhaft (die Rechtschreibung war nun einmal gänzlich anders), schwülstig und sehr blumig wirken, teilweise vielleicht sogar schwer zu verstehen sind. Außerdem sind die Beschreibungen der hübschen Knaben dem Leser mit der Zeit fast zu viel, da sich die Ausschnitte ähneln und sich die Wortwahl der Autoren wiederholt. Daher ist das Buch nur bedingt dazu geeignet, in einem Rutsch gelesen zu werden, sondern vielmehr ein schönes Nachschlagewerk, zu dem man immer wieder greift. Zudem entdeckt man möglicherweise neue (alte) Autoren für sich, deren Werke man bisher nicht auf dem Schirm hatte.

Fazit:
„Tadzios Brüder“ ist eine sehr schöne Textsammlung zum Thema „Der schöne Knabe in der Literatur“ und bietet Liebhabern klassischer Romane einen Fundus an überraschend vielseitiger Texten und Passagen unterschiedlicher Art. Guido Fuchs hat eine beeindruckende Sammlung erstellt, die über mehrere Epochen reicht, unterschiedliche Stilrichtungen und Genre abdeckt und bekannte und unbekannte Autoren präsentiert, ohne jemals in einen (schwul) erotischen Subkontext abzurutschen. Für hektisches Durchlesen ist „Tadzios Brüder“ nicht geeignet, es empfiehlt sich mehr Zeit mitzubringen, um die Fülle an Texten über schöne Knaben wirklich genießen zu können. Zu empfehlen!

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